Berlin. Im Fall des abgeschobenen Gefährders Sami A. war Seehofers Ministerium schon seit Mittwoch informiert. Armin Laschet verteidigt Landesregierung.
Die Bundesregierung will den Fall des abgeschobenen Gefährders Sami A. nun mit Tunesien besprechen. Das Innenministerium habe die deutsche Botschaft in Tunis gebeten, Kontakt mit den dortigen Behörden aufzunehmen, "um amtliche Informationen zum derzeitigen und weiteren Vorgehen in dem Fall zu erlangen", sagte eine Sprecherin des Hauses von Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Montag in Berlin. Noch am Samstag hatte es aus tunesischen Regierungskreisen geheißen, dass es noch keine Anfrage aus Deutschland zu dem Fall gegeben habe.
Innenminister Seehofer seit Mittwoch über mögliche Abschiebung informiert
Die "Hausleitung" des Ministeriums sei schon am Mittwoch über eine mögliche Abschiebung des mutmaßlichen Ex-Leibwächters von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden informiert gewesen, sagte die Sprecherin. Das schließe auch Minister Seehofer ein. Allerdings hätten auch "weitere Termine" für den Flug im Raum gestanden. "Die Information über die Planungen der Bundespolizei (...) mit dem Hinweis, dass da nicht sicher von ausgegangen (werden) kann, lagen auch dem Minister vor." Die Entscheidung über den Flug liege aber beim Land Nordrhein-Westfalen, daher habe "nicht sicher vorhergesagt" werden können, ob er auch stattfinden würde.
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Über die Rolle Seehofers sagte die Sprecherin: "Ihm war es wichtig, politisch wichtig, dass eine Rückführung von Sami A. zeitnah erfolgt. Es gab keinerlei Einflussnahme auf einzelne Verfahrensschritte."
Unterdessen hat Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) seine Landesregierung im Hin und Her um die Abschiebung des islamistischen Gefährders Sami A. verteidigt. "Wir als Politiker haben nach Recht und Gesetz zu entscheiden, das hat die Landesregierung gemacht", sagte Laschet am Montag in Berlin vor einer Sitzung des CDU-Präsidiums. "Sie wissen, wann der Bescheid eingegangen ist, nämlich zu spät", sagte Laschet zum Vorwurf, die Behörden hätten voreilig gehandelt. "Und ich denke, im Ergebnis können wir froh sein, dass der Gefährder nicht mehr in Deutschland ist." Das Oberverwaltungsgericht prüfe den Fall nun.
Gegen Abschiebung soll Beschwerde eingelegt werden
Der mutmaßliche Ex-Leibwächter von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden war am Freitagmorgen von Düsseldorf nach Tunesien abgeschoben worden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte am Vorabend entschieden, dass dies nicht rechtens sei, da Sami A. Folter drohen könne. Allerdings übermittelte es den Beschluss erst, als das Flugzeug schon in der Luft war. Das Gericht will nun, dass Sami A. zurückgeholt wird. Die Behörden in Nordrhein-Westfalen haben angekündigt, gegen den Beschluss Beschwerde bei der nächsten Instanz einzulegen.
Laschet sagte, das Gericht habe zwei unterschiedliche Entscheidungen innerhalb einer Woche getroffen. "Wenn zwei Kammern eines gleichen Verwaltungsgerichts so entscheiden, wird da mancher seine Fragen haben", sagte er. Politik müsse schnell handeln. Vor dem Verwaltungsgericht liefen mehrere Verfahren parallel. Wie es in einer Erklärung auf der Website des Gerichts heißt, wurde ein Antrag gegen die Androhung der Abschiebung durch die Ausländerbehörde der Stadt Bochum am Mittwoch vor der Abschiebung abgelehnt. Das Verfahren um die Aufhebung eines Abschiebeverbots durch das Asylamt Bamf war noch nicht entschieden.
Das nordrhein-westfälische Flüchtlingsministerium arbeitet noch an einer Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss, nach dem der abgeschobene Sami A. nach Deutschland zurückgeholt werden muss. Die Beschwerde solle "schnellstmöglich beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt werden", teilte das Ministerium am Montag mit.
Anwältin von Sami A. befürchtet Gewalt gegen ihren Mandanten
Aus Sicht seiner deutschen Anwältin muss Sami A. im tunesischen Gefängnis Gewalt befürchten. "Ich habe von anderen Abgeschobenen gehört, dass sie in den 48 Stunden ohne Anwalt geschlagen wurden", sagte Seda Basay-Yildiz am Montag in Frankfurt. Nach einer tunesischen Vorschrift hat ein Anwalt spätestens nach zwei Tagen das Recht, seinen Mandanten zu sprechen. Insgesamt dürfe der abgeschobene Sami A. nach dem Recht des Landes bis zu 15 Tage ohne Beschluss in Haft sitzen, sagte Basay-Yildiz. Derzeit habe sie keinen Kontakt zu ihm.
Anwältin Basay-Yildiz zeigte sich optimistisch, dass ihr Mandant nach Deutschland zurückgebracht werde. "Ich habe hier den entsprechenden Beschluss der deutschen Justiz. Und die diplomatischen Beziehungen zu Tunesien sind so unglaublich gut, dass da keine Hürde aufgebaut werden dürfte." Außerdem sei Sami A. seit 20 Jahren nicht in dem nordafrikanischen Land gewesen. "Da dürften die Behörden nichts gegen ihn in der Hand haben."