Duisburg. Die Duisburger Polizei nimmt regelmäßig ausreisepflichtige Nicht-EU-Bürger fest, die wegen fehlender Haftplätze in Büren auf freien Fuß kommen.
In Teilen der Duisburger Polizei gärt es. Die Ordnungshüter konnten zuletzt zwar mehrfach Personen festnehmen, die sich illegal in Deutschland aufhielten und zur Abschiebung polizeilich ausgeschrieben waren. Doch die Täter landeten danach oft wieder auf freiem Fuß. Und blieben hier. Einen skurrilen Fall schildert ein Duisburger Polizist, der unerkannt bleiben will: Ein Serbe sei von Anfang bis Mitte Juni fünf Mal innerhalb von 14 Tagen verhaftet worden – und nie im Arrest gelandet. „Viele Kollegen sind frustriert und in ihrem Gerechtigkeitssinn verletzt“, so der Polizeibeamte.
Wie die WAZ aus Kreisen einer Polizeigewerkschaft erfuhr, liegt das auch an den mangelnden Kapazitäten in der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige (UfA) mit Sitz im westfälischen Büren. Sie ist die einzige Einrichtung für Abschiebungshaft in unserem Bundesland und zuständig für all diese Fälle in NRW.
Keine Asylbewerber, sondern Nicht-EU-Ausländer
Bei den dort einsitzenden Personen handelt es sich nicht um Asylbewerber, sondern um Menschen aus Nicht-EU-Ländern, die illegal eingereist sind oder deren Visum abgelaufen ist. Der Großteil stammt aus Ost- und Südosteuropa, der Türkei und aus Nordafrika.
Das Prozedere sieht in der Theorie so aus: Die Polizei nimmt eine zur Abschiebung ausgeschriebene Person fest. Danach übernimmt das zuständige Ausländeramt. Zuständig ist immer jene Behörde, wo der Ausreisepflichtige erstmals aufgefallen ist. Im Falle des fünfmal in Duisburg verhafteten Serben war es das Ausländeramt Essen. Diese Behörde ist für den Transfer des Verhafteten vom Polizeigewahrsam zur UfA zuständig. Im Vorfeld klärt sie ab, ob ein Platz frei ist.
Freiwillig geht kaum einer
Ist die UfA komplett belegt, bleibt der Verhaftete nicht in Gewahrsam, sondern kommt auf freien Fuß. Er erhält eine Ausreiseverpflichtung, die vorschreibt, dass er Deutschland innerhalb von drei Tagen zu verlassen hat. Das Problem: Das kontrolliert wegen des Personalmangels in den Behörden niemand. „Und weil von diesen Personen freiwillig kaum einer das Land verlässt, bleibt er in unserem System zur Fahndung ausgeschrieben. Wir verhaften ihn ein paar Tage später erneut – und dann geht alles von vorne los. Das macht alle Kollegen wütend“, schildert der Polizist seine Erfahrungen.
Das beim Land zuständige Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration kann eine Überbelegung der UfA Büren nicht bestätigen. Sie biete 140 Plätze, am Dienstagmorgen seien 126 belegt gewesen. Geplant sei ein Ausbau auf 175 Plätze. Sollte die UfA komplett belegt sein, gäbe es n die Möglichkeit, die Personen auf vergleichbare Einrichtungen in anderen Bundesländern zu verteilen. Nach WAZ-Informationen gibt es bundesweit aber nur vier UfA.
„Die Politik hält nicht den nötigen Unterbringungsraum und die nötigen personellen Kapazitäten bei den Ausländerbehörden vor“, lautet ein Kritikpunkt von Seiten der Polizeigewerkschaft. Denn solche Vorfälle gebe es nicht nur in Duisburg, sondern zu Dutzenden auch in allen anderen NRW-Großstädten, so der Polizist. Die Bevölkerung werde unnötigen Gefahren ausgesetzt, so der Polizist, wenn „Leute, die wir festnehmen, dann nicht auch eingesperrt werden“.
Andere Straftat nachgewiesen
In eine herkömmliche Justizvollzugsanstalt dürfen Ausreisepflichtige übrigens nicht untergebracht werden. Genau dort sitzt aber inzwischen besagter Serbe, der zuvor schon fünfmal verhaftet worden war. Ihm konnte eine andere Straftat nachgewiesen werden.
>>> EINE ZUSTIMMUNG FEHLTE
Nach Informationen der NRW-Landesregierunghat die zuständige Ausländerbehörde erst am 2. Juli die notwendige Zustimmung der Staatsanwaltschaft zur Rückführung des Betroffenen erhalten. Eine Rückführung und eine Unterbringung in Büren wären zu einem früheren Zeitpunkt rechtlich gar nicht möglich gewesen. Mit Kapazitätsproblemen in Büren hätte das in diesem Fall also nichts zu tun.
Der Serbe wurde zwar fünfmal von der Polizei aufgegriffen. Da gegen ihn aber Ermittlungsverfahren liefen, hätte es für einen Abschiebehaftbeschluss oder eine Unterbringung in Büren des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft zur Rückführung bedurft. Dieses Einvernehmen wurde erst am Montag erteilt, so dass nun eine Abschiebung des Betroffenen in sein Heimatland vollzogen werden soll.