Düsseldorf. . Die SPD will mit dem Führungsduo Sebastian Hartmann und Nadja Lüders auf dem Parteitag in Bochum einen Neuanfang in NRW einläuten.
Das Team ist jung, seine Aufgabe gewaltig. Drei Damen und fünf Herren hat der bisherige Vorstand der NRW-SPD für die neue Parteispitze nominiert. Ihr Altersschnitt liegt bei 41 Jahren. „Die Willy-wählen-Generation hat ihre Erzählungen auserzählt“, sagte der scheidende Vorsitzende Michael Groschek (61) vor dem Parteitag in Bochum. Nun müssten Jüngere ans Ruder.
Der Mann, der als Kandidat für den Chefposten in die Fußstapfen von Johannes Rau treten möchte, ist allerdings noch ein unbeschriebenes Blatt. Sebastian Hartmann (40) aus Bornheim soll den mit 112 000 Mitgliedern größten SPD-Landesverband anführen, obwohl ihn dort bis vor Kurzem kaum einer kannte. Der Bundestagsabgeordnete ist durch Dutzende Unterbezirke getingelt, um sich vorzustellen. Der Kontrast zu „Mike“ Groschek, könnte größer nicht sein.
Ein Übergangskandidat?
Der 61-Jährige ist für knackige Botschaften bekannt („Basis statt basta“), Hartmann ist freundlich und redet etwas umständlich. Vor den 450 Delegierten wird er auf den Punkt bringen müssen, wohin er die Partei lenken will. Eine „Findungskommission“ hatte Hartmann vorgeschlagen, und Noch-Vorsitzender Groschek lobt seinen designierten Nachfolger in den höchsten Tönen. Er werde ihm noch oft zur Vereidigung in Ministerämtern gratulieren. Eine Warnung gab’s gratis dazu: Der Parteivorsitz könne nur von solchen übernommen werden, „die Sisyphos für einen glücklichen Menschen halten“.
Nadja Lüders (47) muss man keine klugen Ratschläge mehr geben. Sie ist politisch erfahren und redet schnörkellos. Die Chefin der SPD Dortmund will als Generalsekretärin Nachfolgerin von Svenja Schulze werden, die als Bundesumweltministerin nach Berlin wechselte. Lüders traut sich, dem von Michael Groschek beschworenen neuen Jugendkult („Die SPD muss jünger und weiblicher werden“) eine eigene Haltung entgegen zu setzen: „Bei uns ist jeder gleich wertvoll. Jugend ist kein Qualitätsmerkmal an sich.“
Zu Hoffnungsträgern gehört auch Sören Link
Debatten um das Führungspersonal begleiten die NRW-SPD seit der verlorenen Landtagswahl. In der Landtagsfraktion ging der Plan des langjährigen Fraktionschefs Norbert Römer (71), Marc Herter (44) aus Hamm zum Nachfolger zu machen, nicht auf. Ex-NRW-Justizminister Thomas Kutschaty aus Essen (50) setzte sich durch. Seit Ende April haucht Kutschaty mit der Parlamentarischen Geschäftsführerin Sarah Philipp (35) aus Duisburg der Fraktion neues Leben ein.
Manche in der Partei sehen in Sebastian Hartmann eher einen Übergangskandidaten, der in zwei Jahren einem anderen Platz macht. Kutschaty, zum Beispiel, oder Marc Herter, der erneut stellvertretender SPD-Landeschef werden möchte. In die Liste möglicher Hoffnungsträger gehört auch Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link.
Um das Amt des Schatzmeisters konkurrieren in Bochum André Stinka (53, Dülmen) und Ibrahim Yetim (53, Wesel). Der Parteinachwuchs (Jusos) möchte Veith Lemmen (34) als fünften stellvertretenden Vorsitzenden platzieren. Dafür muss aber erst die Satzung geändert werden. Für die Parteispitze kandidieren auch Elvan Korkmaz (32, Gütersloh) und Dörte Schall (41, Bonn).
Hannelore Kraft will übrigens nicht zum Parteitag gehen.
„Die SPD muss mutiger werden“
Vor dem SPD-Parteitag sprach Matthias Korfmann mit dem designierten SPD-Landesvorsitzenden Sebastian Hartmann.
Welche Charaktereigenschaft sticht bei Ihnen hervor?
Hartmann: Ich bin ein zuversichtlicher Mensch und ein Teamspieler.
Wohin muss die SPD gehen?
Die SPD muss spannender und mutiger werden und Themen auch mal zuspitzen. Sie braucht das Profil einer linken Volkspartei.
Welche Themen passen ins Profil?
Ich möchte einen starken, solidarischen Staat. Einen, der sicherstellt, dass Menschen gut und bezahlbar wohnen können, der sich um Familien mit Kindern, um sichere Arbeitsplätze in der Zeit des digitalen Wandels kümmert. Es gibt Millionen Solo-Selbstständige, die soziale Absicherung brauchen. Wenn die SPD sich nicht um diese Menschen kümmert, macht das keiner. Wir brauchen eine „Bad Bank“ für die Altschulden hoch verschuldeter Städte, damit dort wieder in Straßen und Schwimmbäder investiert werden kann.
Sollten Sozialdemokraten noch „Glückauf“ sagen?
„Glückauf“ ist okay. Die SPD darf ihre Traditionen nicht verleugnen, sondern muss stolz darauf sein.
(Die Wahlergebnisse präsentieren wir im Digitalen Sonntag, dem E-Paper unserer Zeitung.)