Essen. Die Videobeobachtung auf öffentlichen Plätzen soll ausgeweitet werden. Gebiete mit angrenzender Kriminalität sollen überwacht werden.

Was ist laut Gesetzentwurf geplant?

Innenminister Herbert Reul (CDU) will die Videobeobachtung mit dem neuen Polizeigesetz ausweiten. Dazu soll der §15a geändert werden. Demnach soll die Videoaufzeichnung nicht nur an öffentlichen Plätzen stattfinden, wo bekanntermaßen viele Straftaten verübt werden, sondern auch an angrenzenden Gebieten.

Zusätzlich sollen die Polizeibehörden eigenmächtig entscheiden dürfen, Videokameras an öffentlichen Plätzen mit zu erwartender Gefahrenlage aufzustellen. „In Zukunft könnten wir auch die Hohe Straße in Köln überwachen, wo es Bandenkriminalität beim Taschendiebstahl gibt“, erläutert Reul.

Eine ausgeweitete Videobeobachtung des öffentlichen Raums und sogar das Tragen von Bodycams sind in Rheinland-Pfalz (2017) und im Saarland (2018) bereits erlaubt. In Bayern (2018) ist das Filmen bei öffentlichen Anlässen zulässig, auch wenn keine Straftaten zu erwarten sind, wie bei Demonstrationen – unter Umständen sogar mit Gesichtserkennung.

Pro: Was spricht dafür?

Die Polizeigewerkschaften unterstützen die vorgesehene Ausweitung der Videobeobachtung. Bislang seien die Hürden für das Anbringen von Kameras selbst an Drogenumschlagplätzen zu hoch gewesen, so Stephan Hegger, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP).


„Die neue Regelung ist nicht darauf ausgelegt, es zu einer flächendeckenden Überwachung kommen zu lassen, so wie es von vielen kritischen Stimmen heißt“, sagt Hegger. Sie sei ein Instrument, um die Beobachtung auf öffentliche Plätze zu erweitern, an denen Straftaten erwartet werden können, wie beim Public Viewing oder bestimmten Anlässen in der Düsseldorfer Altstadt. Voraussetzung für das Anbringen der Kameras ist laut Gesetzentwurf, dass Einsatzkräfte schnell vor Ort sein können, was sowohl die GdP als auch die Deutsche Polizeigewerkschaft befürworten.

Contra: Was spricht dagegen?

Gegner des Gesetzesentwurfes kritisieren, dass in diesem Punkt Bürgerrechte beschnitten werden. Die vorgesehene Videoüberwachung schränke die Freiheitsrechte grundlegend ein: Überall dort, wo Kameras angebracht werden, um Kriminelle zu beobachten, werden zwangsläufig auch normale Bürger aufgenommen, meint die Grünen-Abgeordnete Verena Schäffer.

Als unverhältnismäßig bewertet das Bündnis „Nein zum neuen Polizeigesetz“ die geplante Neuregelung. Denn die Kriminalitätsrate in Deutschland sei auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren, so Sprecherin Irene Thesing.
Außerdem fehlten nach wie vor Studien, die einen eindeutig positiven Effekt von Videoüberwachung auf Kriminalität beweisen. Das Bündnis verweist auf ein Modellprojekt zur Videoüberwachung in Bielefeld, das 2011 nach zehn Jahren eingestellt wurde. „Es existieren mildere und effektivere Möglichkeiten für Kriminalitätsbekämpfung“, sagte Sprecherin Thesing.