Düsseldorf. . Innenminister warnt vor radikalen Islamistinnen und will Fortbildungen für Lehrer und Sozialarbeiter. Grüne: Vorschläge sind „schlechter Witz“.
Rund 11 000 Salafisten leben in Deutschland, etwa 3000 in Nordrhein-Westfalen, vor allem in größeren Städten. 840 von ihnen gelten als gewaltbereit, wie NRW-Innenminister Herbert Reul am Freitag im Landtag erklärte, etwa 150 werden von Experten als „islamistische Gefährder“ eingestuft.
Mit Sorge beobachten die Behörden auch, dass sich immer mehr Frauen radikalisieren. Sie bilden und pflegen Netzwerke, verbreiten Propaganda und stabilisieren die Szene. Die Landtagsfraktionen ringen um eine Strategie, um diese „hasserfüllte Ideologie“, wie Reul sie nennt, bekämpfen und Jugendliche vor dem Abrutschen in diese Szene bewahren zu können.
Mehr Unterstützung für Jugendämter
Im Antrag von Union und Liberalen, der gestern im Landtag diskutiert wurde, werden zum Beispiel gezielte Fortbildung für Lehrer, mehr Unterstützung für Jugendämter und der Aufbau einer Bundes-Stabsstelle gegen Salafismus gefordert.
Vorwürfe aus der AfD-Fraktion, NRW sei beim Thema Salafismus untätig und lasse fanatische Prediger schalten und walten, wies Reul energisch zurück. „Ich bin froh, dass wir einen aktiven Verfassungsschutz und eine aktive Polizei haben, die Gefährder beobachten“, sagte Reul und verwies auf den Fall des in Köln festgenommenen Tunesiers, der hochgiftiges Rizin hergestellt hatte und festgenommen wurde.
Sicherheitsbehörden beobachten Moscheen
NRW könne aber nicht einfach so Imame ausweisen und salafistische Gebetshäuser schließen. „Wir leben in einem Rechtsstaat, und ohne eine Rechtsgrundlage kann man keine Einrichtungen schließen“, sagte er. Die Sicherheitsbehörden würden Moscheen beobachten.“
Der Innenminister verteidigte sein Ziel, auch Kinder unter 14 Jahren künftig durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. „Es laufen in NRW immer mehr radikalisierte Kinder herum. Wir müssen wissen, was da passiert und wir müssen diese Kinder integrieren“, so Reul. Repression und Prävention seien hier gleichermaßen wichtig.
Terrormiliz spricht gezielt Kinder und Frauen an
IS-Rückkehrer haben laut Landesregierung rund 260 Kinder nach NRW gebracht. Der renommierte Terrorismusforscher Peter Neumann hatte sich schon vor Wochen für die Überwachung von Kindern ausgesprochen. „Ich bin absolut dafür, wenn diese unter 14-Jährigen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen“, hatte der Professor des Londoner King’s College betont. Die Terrormiliz IS versuche, gezielt Kinder, Frauen und Kleinkriminelle anzusprechen, um sie anzuwerben.
Grüne: Maßnahmen sind halbherzig
Lob äußerte Reul für das unter dem früheren NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestartete Salafismus-Präventionsprogramm „Wegweiser“, das zwischenzeitlich umstritten war: „Wir haben es nicht erfunden, aber es ist trotzdem gut und läuft erfolgreich.“ Inzwischen hätten die Experten von „Wegweiser“ Kontakt zu rund 700 Jugendlichen gehabt, in 300 Fällen habe dies zu einer langfristigen Beratung geführt. Am Sinn dieses Projekts zweifelt heute fast niemand mehr.
Die SPD-Fraktion, vor allem aber die Grünen halten die von CDU und FDP angedachte Strategie gegen den Salafismus für halbherzig. Der Antrag mache sie sprachlos, er sei ein „schlechter Witz“, kritisierte Grünen-Innenexpertin Verena Schäffer. Die Vorschläge blieben auf dem Diskussionsstand von 2012. Zur Kindeswohlgefährdung, zu Mädchen und Frauen in der Salafisten-Szene, zu islamistischen Kindern an Schulen bleibe die Initiative jede weiterführende Antwort schuldig. „Wir müssen Maßnahmen gezielt auf Mädchen und Frauen zuschneiden“, forderte Schäffer.