Düsseldorf. . Gericht urteilt: Bereitschaftszeit der Beamten ist Arbeitszeit. Auf das Land könnten Nachforderungen von 100 Millionen Euro zukommen.
Auf die NRW-Polizei kommen möglicherweise Hunderttausende weiterer Überstunden zu. Ein Beamter einer Einsatzhundertschaft beim Bochumer Polizeipräsidium hat am Mittwoch erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen durchgesetzt, dass seine Bereitschaftszeiten aus den Jahren 2011 und 2012 voll als Arbeitszeit gewertet werden müssen. Er berief sich auf die entsprechende EU-Arbeitszeitrichtlinie.
Der Fall könnte wegweisend sein für die Bereitschaftszeiten aller Beamten in den 18 Einsatzhundertschaften in Nordrhein-Westfalens. Das Verwaltungsgericht überschlug bereits, dass dem Land durch die volle Anerkennung als Arbeitszeit Kosten von 100 Millionen Euro entstehen könnten. Die NRW-Polizei schiebt ohnehin bereits einen Überstundenberg von fünf Millionen Stunden vor sich her.
Gericht: Abrufbereitschaft ist keine Freizeit
Eine Sprecherin von Innenminister Herbert Reul (CDU) erklärte, man werde nun die Urteilsgründe auswerten und danach über eine mögliche Berufung beim Oberverwaltungsgericht entscheiden. Erst seit Frühjahr 2017 setzt die Arbeitszeitverordnung der NRW-Polizei die EU-Vorgaben um und behandelt Bereitschaftszeiten zu 100 Prozent als Dienstzeit. Zuvor waren sie lediglich zur Hälfte als Arbeitszeit gutgeschrieben worden.
Hundertschaftbeamte werden häufig bei Großeinsätzen wie Gipfeltreffen oder Demonstrationen für mehrere Tage angefordert, müssen dort aber nicht tatsächlich die gesamte Zeit Dienst versehen. Das Gericht stellte nun klar, dass die Abrufbereitschaft in einer Unterkunft fern von zu Hause sehr wohl als dienstliche Verpflichtung und nicht als Freizeit zu werten ist.