Düsseldorf. Die SPD will eine Schulreform in NRW: „Die erzwungene Fortführung des Schulkonsenses schadet den jungen Menschen in diesem Land“, so die Partei.
Der vor sieben Jahren zwischen SPD, CDU und Grünen in NRW beschlossene „Schulfrieden“ steht vor dem Aus. Der Landtagsabgeordnete und stellvertretende NRW-SPD-Chef Jochen Ott wirft den Landtagsfraktionen von CDU und FDP vor, den bis 2023 verabredeten Schulkonsens zu brechen, weil sie Realschulen die Möglichkeit geben möchten, einen Hauptschul-Bildungsgang schon ab der 5. Klasse anzubieten. „CDU und FDP fallen wieder in alte Grabenkämpfe zurück“, sagte Ott dazu.
Die SPD schmiedet schon eigene Pläne: Sie will die Schullandschaft in NRW radikal verändern und den Schulfrieden „weiterentwiclkeln.“ „Die erzwungene Fortführung des Schulkonsenses schadet den jungen Menschen in diesem Land“, heißt es in einem vom SPD-Landesvorstand beschlossenen Antrag zum Parteitag am 23. Juni in Bochum; der Antrag liegt der WAZ vor. Das dreigliedrige Schulsystem müsse „überwunden“ werden, steht dort. Zum Beispiel durch eine „Gemeinschaftsschule“ oder durch ein „Zwei-Säulen-Modell“ wie in Hamburg. Dort gibt es nur zwei weiterführende Schularten, die beide zum Abitur führen: Gymnasien und integrierte Oberschulen, „Stadtteilschulen“ genannt.
Der „Schulfrieden“ bedeutete im Jahr 2011 einen Schlussstrich unter den uralten Streit um die Schulangebote im Land. Die „historische Verständigung“, wie die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) den Friedensschluss nannte, ermöglichte die Gründung einer neuen Schulform: der Sekundarschule. Die Union war damals auch dazu bereit, mit SPD und Grünen die Erwähnung der Hauptschule aus der Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen zu streichen.
Nun ist also offenbar Schluss mit der Einigkeit. Viel zu zersplittert ist nach Einschätzung der SPD die Schullandschaft in NRW, komplizierter als in jedem anderen Bundesland. Gymnasien, Gesamtschulen, Haupt-, Real und Sekundarschulen existieren nebeneinander aber nicht in jeder Stadt und Region. „Eltern und Schüler können keine Schulstrukturen mehr erkennen, und das löst Verunsicherung aus. Kein Mensch versteht die Vielzahl der Schulformen noch, umziehen in NRW wird für Familien zum Abenteuer“, begründet Ott die Abkehr seiner Partei vom einst mühsam errungenen Schulfrieden. „Das Festhalten am Schulfrieden wird dauerhaft Bildungsverlierer produzieren“, sagt er.