Die Woche über traf sich der DGB zum Kongress. Frank-Walter Steinmeier war da, mein Bundespräsident, die Kanzlerin auch und ihre Nachfolgerin Andrea Nahles. Es herrschte Londoner Hochzeitsgefühl. Unsere deutschen Royals winkten folgenlos. Applaus.

Die Woche über traf sich der DGB zum Kongress. Frank-Walter Steinmeier war da, mein Bundespräsident, die Kanzlerin auch und ihre Nachfolgerin Andrea Nahles. Es herrschte Londoner Hochzeitsgefühl. Unsere deutschen Royals winkten folgenlos. Applaus.

Spannend wurde eine promifreie Diskussionsrunde mit echten Vertretern des Volkes: Lehrerin, Polizistin, Zugbegleiter, Parkwächter, Feuerwehrmann, Mitarbeiter der Arbeitsagentur. Politiker machen Gesetze, diese Menschen setzen sie um. Die Lehrerin erzählte von Schülern, die Kollegen schlugen. Der Parkwächter hat sich an Beleidigungen gewöhnt wie: „Hättste mal ’nen ordentlichen Beruf gelernt.“ Der Feuerwehrmann kämpft sich bei Rettungseinsätzen durch einen Wald von Handyarmen – ein blutiges Video scheint vielen in diesen Zeiten wichtiger als Menschenleben. Und die Polizistin hätte fast ihre Gebährfähigkeit verloren, durch den Tritt in den Unterleib – von einer deutschen Frau übrigens. Bei entgleisten Akademikerpartys für Ruhe sorgen zu müssen, sei übrigens auch kein Spaß. Denn der Überheblichkeit folge bisweilen die Faust. Der Eisenbahner schließlich hatte eine Messerstecherei überlebt, der Mann aus dem Jobcenter war dankbar für die neu aufgestellten Metalldetektoren am Eingang, mit deren Hilfe der Kundschaft nun die Waffen abgenommen werden. Einzelfälle? Dafür sind es einfach zu viele.

„Einigkeit“ heißt das erste Wort der deutschen Nationalhymne und meint den bürgerlichen Konsens, dass wir einander trotz unterschiedlicher Meinungen respektieren, vor allem die, die den Laden hier am Laufen halten und, ja, Recht und Ordnung durchzusetzen versuchen. „Recht“ ist übrigens das dritte Wort der Nationalhymne.

Wir mögen zu Recht Digitalisierungs-, Bildungs- Verkehrs- und Europaprobleme beklagen, vor allem jedoch haben wir ein Benehmensproblem. Erst, wenn wir alle Lehrer in die Frühpensionierung, Jobcenter-Mitarbeiter in den Burnout und die letzte Polizistin in den Innendienst vergrault haben, werden wir kapieren, dass ein lebenswertes Miteinander ein Minimum an Respekt braucht.