Düsseldorf. . Der Düsseldorfer Professor Christoph Nonn empfiehlt, selbst etwas für die Umwelt zu tun, statt mit dem Finger Richtung Belgien zu zeigen.

Die Angst vor den belgischen Atomkraftwerken Tihange und Doel ist nach Einschätzung des Historikers Christoph Nonn übertrieben. Selbst die Gefahr eines größten anzunehmenden Unfalls (GAU) werde aufgebauscht, sagte der Düsseldorfer Professor.

Die Zahl der zweifelsfrei nachgewiesenen Todesopfer von Fukushima und Tschernobyl liege zusammen im zweistelligen Bereich: „Schlimm genug. Aber jedes Jahr sterben weltweit Zehntausende Menschen an Atemwegserkrankungen, die durch Luftverschmutzung hervorgerufen werden. Das findet vergleichsweise viel weniger Aufmerksamkeit. Genau wie die Endlagerung von atomarem Abfall, die ein viel größeres Umweltproblem ist als Reaktorunfälle.“

In einer jetzt erschienenen „Umweltgeschichte von Nordrhein-Westfalen“ argumentiert Nonn, dass es auch früher schon übertriebene «apokalyptische Szenarien“ gegeben habe, zum Beispiel um 1980 das Waldsterben. „Natürlich gab es den sauren Regen. Aber der Wald ist nicht gestorben. Die damaligen Horrornachrichten gingen im Wesentlichen auf eine neue Methode zurück, die die Gesundheit von Bäumen am Zustand ihrer Kronen festmachte.“ Der Wald sei auch vorher auch schon geschädigt gewesen, nur habe es bis dahin niemand gemerkt.

Im Vergleich zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sei die Umwelt in NRW heute in einem hervorragenden Zustand. Damals habe es in vielen Flüssen und Bächen überhaupt kein Leben mehr gegeben. Der Gegen-Trend habe in den 1960er Jahren eingesetzt. Teilweise habe NRW seine Umweltprobleme allerdings in Schwellen- und Entwicklungsländer verlagert.

Die größten vor Ort verbliebenen Umweltprobleme sieht Nonn in der Braunkohle, der industrialisierten Landwirtschaft und dem überhöhten Ressourcenverbrauch. Während sich die Öffentlichkeit vor allem durch Katastrophen-Szenarien mobilisieren lasse, seien die wirklichen Gefahren schleichend. Um die Umwelt zu entlasten, helfe es wenig, mit dem Finger nach Belgien zu zeigen. Vielmehr müsse man selbst etwas tun.