Düsseldorf. Die Personaldebatte bei der SPD in NRW geht weiter: Kutschaty greift nicht nach Landesvorsitz, dafür Spekulationen um Svenja Schulze.

Im Streit um die personelle Neuaufstellung der NRW-SPD lichtet sich allmählich der Schlachtennebel. Der Landesvorstand „begrüßte“ bei seiner jüngsten Sitzung einstimmig (bei einer Enthaltung) die Kandidatur des Bornheimer Bundestagsabgeordneten Sebastian Hartmann (40) um den Landesvorsitz, den Michael Groschek (61) beim Parteitag am 23. Juni in Bochum räumen wird.

In normalen Zeiten wäre das eine bare Selbstverständlichkeit. Denn Hartmann wurde zuvor einstimmig von einer Findungskommission vorgeschlagen, der neben Groschek die versammelte engere Parteiführung bis hin zu den Reginonalvorsitzenden angehörte. Doch völlig unerwartet schien der Personalie durch den Außenseiter-Sieg des früheren Justizministers Thomas Kutschaty bei der Wahl zum SPD-Landtagsfraktionschef die Geschäftsgrundlage entzogen.

SPD-Regionalproporz ist ins Wanken geraten

Formal hatte die Findungskommission am 8. April nur Hartmann als neuen Parteichef und die Dortmunder SPD-Chefin Nadja Lüders als künftige Generalsekretärin vorgeschlagen. Intern gab es jedoch keinen Zweifel, dass für den weithin unbekannten Bundestagsabgeordeten Hartmann vor allem sprach, dass er dem Parteibezirk Mittelrhein entstammt. Nach der Logik des SPD-Regionalproporzes sollte damit der machtvollere Landtagsfraktionsvorsitz an Marc Herter aus dem Bezirk Westliches Westfalen fallen. Vor allem dem einflussreichen Chef der Westlichen Westfalen, Norbert Römer (71), wurde ein vitales Interesse an Herters Aufstieg nachgesagt.

Daraus wurde nichts, weil sich der Essener Kutschaty (Parteibezirk Niederrhein) in einer Kampfabstimmung durchsetzte. Seither ist die Partei in Bewegung. Römer legte umgehend den Vorsitz im Bezirk Westliches Westfalen nieder. In der größten und mächtigsten Gliederung der NRW-SPD herrsche „Alarmstimmung“, wird berichtet. Groscheks Findungskommission, die eigentlich noch Personalvorschläge für die stellvertretenden Parteivorsitzenden und den Schatzmeister bis zum Parteitag erarbeiten sollte: kurzerhand aufgelöst. Ein für kommendes Wochenende geplanter Landesparteirat in Bochum: verschoben.

Kutschaty will nicht auch noch SPD-Chef werden

Das Parteipräsidium bemüht sich um Geschlossenheit. Fraktionschef Kutschaty trug zur Klärung bei, indem er erklärte, nicht auch noch nach dem Landesvorsitz greifen zu wollen. Zugetraut hätte man ihm das Amt. Doch der Wunsch nach aller Macht in einer Hand scheint im Jahr eins nach Hannelore Kraft noch nicht sonderlich ausgeprägt zu sein. Ob Hartmanns Wahl damit glatt läuft? Zweifel bleiben. Die ersten Emissäre aus dem Westlichen Westfalen sollen bereits bei Bundesumweltministerin Svenja Schulze vorgefühlt haben, ob sie sich nicht eine Gegenkandidatur vorstellen könne.