Brüssel. NRW-Finanzminister Lienenkämper kündigt Einsatz für „mehr Europa“ an. Das Land solle deshalb in Brüssel wieder sicht- und hörbar werden.
Mehr Europa für die Regionen: NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) hat ein stärkeres Engagement für Reformen der Europäischen Union angekündigt. „Nordrhein-Westfalen tickt in jeder Hinsicht europäisch“, sagte Lienenkämper bei einer Veranstaltung in der NRW-Landesvertretung in Brüssel. „Aus eigenem Interesse heraus wollen wir mehr Europa und dafür konkrete eigene Impulse setzen.“ Das Land solle deshalb in Brüssel „wieder sicht- und hörbar werden.“
„Aus dem All geblickt ein zusammenhängender Raum“
Lienenkämper verwies zum Auftakt einer Veranstaltungsreihe in Brüssel auf die geographische Lage und die wirtschaftliche Verflechtung des Landes: 66 Prozent der NRW-Exporte gingen in die EU-Mitgliedsländer. Und: Wer aus dem All bei Nacht auf Europa blicke, sehe NRW, die Niederlande, Belgien und Luxemburg „als einen direkt zusammenhängenden Raum“.
Die Beispiele zeigten, wie wichtig der europäische Reformprozess für das Land sei. Der Finanzminister mahnte allerdings, bei den anstehenden Reformen etwa der Wirtschafts- und Währungsunion „pragmatisch, nicht dogmatisch“ vorzugehen: „Eine Vergemeinschaftung von Schulden lehnt die Landesregierung klar ab“, sagte der CDU-Politiker. „Viel wichtiger ist eine kurzfristige Stärkung der EU-Kommissare für Wirtschaft und Finanzen“.
Der neue Generalsekretär der EU-Kommission, Martin Selmayr, warnte als Gastredner vor Reformmüdigkeit in Europa: „Wir haben die Krisen nicht überwunden, sondern nur eingedämmt“, sagte er. Das gelte etwa für die Wirtschafts- und Finanzkrise: Wer das Wirtschaftswachstum analysiere, könne auf den Gedanken kommen, dass Europa in eine Rezession hineinsteuere. Man könne ebenso auf den Gedanken kommen, dass auch die Migrationskrise nicht überwunden sei – auch wenn das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei dafür sorge, dass Flüchtlinge in Syrien und der Türkei blieben.
Notwendig seien intelligente Reformen der EU
„Wenn das so ist, dann wird es höchste Zeit, dass wir handeln. Wir müssen nicht Angst haben, aber wir müssen jetzt die Ärmel hochkrempeln“. Notwendig seien fünf oder sechs „intelligente, schnelle und effiziente“ Reformen der EU. „Wir müssen in der Flüchtlingsfrage weiterkommen. Wir brauchen gemeinsame europäische Asylstandards, schnellere Asylverfahren in ganz Europa, damit der Asyltourismus aufhört, und wir brauchen den stärkeren Außengrenzschutz“, sagte der Generalsekretär.
Notwendig sei auch der nächste Schritt zur Stabilisierung der Wirtschafts- und Währungsunion, um die nächste Finanzkrise besser zu meistern. Beim Abbau der notleidenden Kredite in den Bankbilanzen seien große Fortschritte gemacht worden, am Ziel sei man aber nicht.