Wiesbaden. Auf dem Bundesparteitag in Wiesbaden hat die SPD Andrea Nahles zur Parteichefin gewählt. Sie ist die erste Frau an der Spitze der SPD.
Andrea Nahles ist die neue Vorsitzende der SPD. Auf demBundesparteitag in Wiesbaden wählten die Delegierten die 47-Jährige Ex-Ministerin mit 66,3 Prozent zur Parteichefin. Sie erhielt 414 von 624 gültigen Stimmen.
Allgemein war mit einer deutlich höheren Zustimmung gerechnet worden. Es ist das zweitschlechteste Ergebnis in der Nachkriegsgeschichte der SPD.
Ihre Gegenkandidatin, die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange, erhielt 172 Stimmen. Es gab 38 Enthaltungen. Lange gratulierte Nahles anschließend und sagte ihr Unterstützung bei der geplanten Erneuerung der Partei zu.
Nahles ist erste Frau an der Spitze der SPD
Nahles ist damit die erste Frau an der SPD-Spitze in der knapp 155-jährigen Parteigeschichte. Erstmals hatte es auch bei einer Wahl der SPD-Spitze eine Kampfkandidatur um den Vorsitz gegeben.
SPD-Vize Ralf Stegner gratulierte Nahles. „Sie übernimmt die Führung der Partei in einer schwierigen Lage. In den kommenden knapp zwei Jahren wird sie den Reformprozess der SPD intensiv voranbringen und dabei die ganze Partei miteinbeziehen“, hieß es in einer Mitteilung am Sonntag.
Glückwünsche bekam Nahles auch von der CDU. Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer schrieb via Twitter, sie freue sich auf die Zusammenarbeit:
In Wiesbaden hatten sich beide Kontrahentinnen jeweils 30 Minuten lang den Delegierten präsentiert. Simone Lange zeigte sich dabei als Alternative zu Andrea Nahles. „Ich biete euch meine Leidenschaft für die Sozialdemokratie“, sagte sie. Die Außenseiterin bekannte aber auch: „Mich zu wählen, bedeutet Mut.“
Lange: „Ich entschuldige mich für Hartz IV“
Lange forderte die „Rückkehr zu echten sozialdemokratischen Zielen“. Hartz IV sei „keine Vergangenheitsdebatte“, so Lange. Es sei Alltag für Millionen Menschen. Lange entschuldigte sich bei den Menschen, die wegen Hartz IV in Armut leben müssten. Kein Kind solle mehr in Armut aufwachsen müssen, kein Rentner mehr aufstocken müssen.
Nahles: „Katholisch. Arbeiterkind. Mädchen.“
Deutlich mehr Beifall als Lange erhielt Andrea Nahles, die Kandidatin der Parteispitze. Nahles stellte sich mit sehr persönlichen Worten den Delegierten vor. „Vor 30 Jahren bin ich in die SPD eingetreten. Die erste in unserer Familie. Katholisch. Arbeiterkind. Mädchen. Land. Muss ich noch mehr sagen?“ Auch sie versprach die Erneuerung der SPD.
Nahles trat deutlich energischer und lauter auf als Lange. Scharf griff sie die rechtspopulistischen Kräfte in Deutschland und Europa an: „Diese Kräfte sind nicht das Volk, sondern der Angriff auf das Volk. Die Rechten suchen nicht die Auseinandersetzung mit den Starken. Sie kämpfen gegen die Schwächsten.“ Es sei Aufgabe der SPD, sich dem „entschieden entgegenzustellen“.
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Scholz: Ein historischer Moment
Der kommissarische SPD-Chef Olaf Scholz hatte zuvor in seiner Rede dem früheren Vorsitzenden und gescheiterten Kanzlerkandidaten Schulz gedankt. Er habe „einen furiosen Wahlkampf“ geführt, so Scholz.
Scholz bezeichnete es als einen „historischen Moment“, dass die SPD erstmals eine Frau an ihre Spitze wähle: „Das ist bein Fortschritt, der lange fällig war.“
Hessens SPD-Chef und Spitzenkandidat für die Landtagswahl in diesem Herbst, Thorsten Schäfer-Gümbel, rief seine Partei zur Geschlossenheit auf. „Ich will, dass es in Zukunft kein Ihr oder Wir in unserer Partei mehr gibt, denn nur gemeinsam sind wir stark“, sagte der hessische SPD-Chef.
Die Parteiführung habe nach schwierigen Wochen ein „Klima herstellen können, in dem das Mannschaftsspiel wieder deutlich nach vorne gerückt“ sei. Die SPD stehe in Bayern und Hessen im Oktober vor schweren Landtagswahlen. In Hessen will Schäfer-Gümbel die schwarz-grüne Koalition ablösen. (W.B./dpa/rtr)