München. Alexander Dobrindt gehört zu den Reizfiguren der großen Koalition - ähnlich wie Gesundheitsminister Jens Spahn, mit dem sich der CSU-Landesgruppenchef auch persönlich gut versteht. Kurz vor Beginn des Interviews in der Münchner CSU-Zentrale klingelt Dobrindts Handy. Spahn ist dran - und Dobrindt verlässt für ein paar Minuten den Raum.
Alexander Dobrindt gehört zu den Reizfiguren der großen Koalition - ähnlich wie Gesundheitsminister Jens Spahn, mit dem sich der CSU-Landesgruppenchef auch persönlich gut versteht. Kurz vor Beginn des Interviews in der Münchner CSU-Zentrale klingelt Dobrindts Handy. Spahn ist dran - und Dobrindt verlässt für ein paar Minuten den Raum.
Herr Dobrindt, das neue Bundeskabinetttrifft sich zu seiner ersten Klausurtagung. Ist auch ein Therapeut nach Meseberg eingeladen?
Alexander Dobrindt: Wir brauchen keinen Therapeuten. Die Motivation ist hoch, die Bundesregierung ist gut gestartet.
Zwischen den Koalitionspartnern kracht es auf allen Ebenen - und Andrea Nahles, die SPD-Chefin werden will, ruft nach einem Machtwort der Kanzlerin ...
Die Unionsminister haben exzellent mit der Umsetzung des Koalitionsvertrags begonnen. Ich erwarte, dass auch die SPD-Minister nach und nach ihre Arbeit aufnehmen werden. Im Übrigen muss die große Koalition eine Koalition der großen Debatten sein. Ich rate dazu, nicht den Fehler der Vergangenheit zu wiederholen und Debatten zu vermeiden. Deutschland muss mehr Debatte wagen. Beschwerden und Rufe nach Schiedsrichtern helfen nicht weiter. Wer Maulkörbe verteilen will, erntet den Protest der Bürger. Und der entlädt sich am Wahltag. An der Wahlurne gibt es keine Maulkörbe.
Sie wünschen sich eine Fortsetzung der Feldschlacht zwischen CDU, CSU und SPD?
Nein. Die Koalition muss sich darüber im Klaren sein, dass sie gerade jetzt den Auftrag hat, den Wohlstand unserer Generation für nachfolgende Generationen zu bewahren. Wohlstand kann man nicht nur verteilen. Wohlstand muss man erarbeiten und Wohlstand muss man auch aktiv verteidigen wollen. Andernfalls kann man ihn auch schnell verspielen. Ich erwarte, dass über diese Schicksalsfrage eine harte Debatte geführt wird. Wir müssen wieder mehr über das Erarbeiten als über das Verteilen von Wohlstand sprechen.
Wie wollen Sie unseren Wohlstand denn verteidigen?
Die digitale Revolution muss Ansporn für Deutschland sein, seine Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und auf Augenhöhe mit den USA und mit asiatischen Staaten zu kommen. Wer nicht komplett digitalisiert, der verliert. Das gilt für Wirtschaft und Gesellschaft. Uns muss die Transformation in die Gigabit-Gesellschaft gelingen. Die Bewältigung der Flüchtlingskrise ist nicht die einzige Herausforderung für Europa.
In der Islam-Debatte gießen Sie Öl ins Feuer. Geht es Ihnen dabei um mehr als um die Bayern-Wahl im Herbst?
Mich leiten die Themen, die der Bevölkerung auf den Nägeln brennen. Eine Botschaft bei der Bundestagswahl war doch, dass sich Teile der Bevölkerung mit ihren Meinungen, Einstellungen und Wahrnehmungen aus der politischen Diskussion ausgesperrt gefühlt haben. Die Bundestagswahl war die Quittung. Die AfD sitzt mit fast 13 Prozent im Bundestag. Ich will, dass die AfD aus dem Bundestag wieder verschwindet. Dazu gehört die Bereitschaft der Volksparteien, Debatten in ihrer ganzen Breite zu führen.
Sie grenzen Muslime aus und vertiefen die gesellschaftliche Spaltung. Nehmen Sie das billigend in Kauf?
Wir grenzen niemanden aus. Muslime, die sich in unsere Gesellschaft integrieren wollen, sind Teil unseres Landes, aber der Islam gehört nicht zu Deutschland. Er ist für unser Land kulturell nicht prägend und er soll es auch nicht werden. Der Islam hat keine kulturellen Wurzeln in Deutschland und hat mit der Scharia als Rechtsordnung nichts gemeinsam mit unserem christlich-jüdischen Erbe. Unsere Vorstellungen von Toleranz und Nächstenliebe, von Freiheit, von Leistungs- und Chancengerechtigkeit finden sich so in der islamischen Welt nicht wieder. Diese Wertvorstellungen sind aber genau der Grund, warum so viele Menschen bei uns leben wollen. Ich kenne übrigens auch keine Fluchtbewegungen von christlichen Ländern in muslimische Länder.
Stellen Sie das Christentum über den Islam?
Welches Stöckchen wollen Sie mir da hinhalten? Ist es nicht mehr politisch korrekt, wenn man sagt, dass Deutschland ein christliches Land ist und man will, dass das so bleibt? Dem Islam fehlt heute das, was für das Christentum die Aufklärung war - mit all ihren positiven Rückwirkungen auf Glauben, Recht und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Kein islamisches Land auf der ganzen Welt hat eine vergleichbare demokratische Kultur entwickelt, wie wir dies in christlichen Ländern kennen.
Was ist christlich an einer Einschränkung des Familiennachzugs für Flüchtlinge?
Es wäre nicht christlich, die Integrationsfähigkeit eines Landes zu überfordern. Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat es auf den Punkt gebracht: Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt. In keinem Land in Europa wird ein Anspruch auf Familiennachzug für subsidiär geschützte Personen gewährt. Deshalb haben auch wir ihn bei Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus abgeschafft und auf humanitäre Einzelfälle bis zu 1000 pro Monat begrenzt. Flüchtlinge sollen in ihre Heimat zurückkehren, wenn dies möglich ist. Familienzusammenführung kann auch in befriedeten Heimatregionen stattfinden - und nicht nur in Deutschland.
Ist Deutschland unsicherer geworden seit der Flüchtlingskrise?
Die aktuelle Kriminalitätsstatistik zeigt: Die Straftaten insgesamt sind in Deutschland rückläufig. Aber die Straftaten von Flüchtlingen haben weiter zugenommen.