Berlin. . Es geht Schlag auf Schlag. „Ich möchte etwas Tempo“, sagt Horst Seehofer. Wenn sich das Kabinett am Dienstag zu einer Klausur in Meseberg trifft, ist der Innenminister mittendrin, nicht nur dabei. Noch keinen Monat im Amt und obgleich bisher kaum mit der Materie vertraut, jagt eine Ankündigung die nächste. Seehofers Agenda, sein Kalender, seine Bringschulden. Wie ein Minister sich selbst unter Erfolgsdruck setzt.

Es geht Schlag auf Schlag. „Ich möchte etwas Tempo“, sagt Horst Seehofer. Wenn sich das Kabinett am Dienstag zu einer Klausur in Meseberg trifft, ist der Innenminister mittendrin, nicht nur dabei. Noch keinen Monat im Amt und obgleich bisher kaum mit der Materie vertraut, jagt eine Ankündigung die nächste. Seehofers Agenda, sein Kalender, seine Bringschulden. Wie ein Minister sich selbst unter Erfolgsdruck setzt.

Amtsvorgänger Thomas de Maizière (CDU) hatte im November 2017 die Grenzkontrollen nach Österreich um sechs Monate verlängert. Diese Ausnahmeregelung läuft am 11. Mai aus. Seehofer will sie verlängern. Seit Ausbruch der Flüchtlingskrise im Sommer 2015 ist die Ausnahme im Schengenraum die Regel geworden. In den nächsten Tagen muss Seehofer die EU für seine Pläne gewinnen. Die Erfahrungen der Bundespolizei an der Grenze zu Österreich sind eine Argumentationshilfe. 2017 hat sie 7009 Personen die Einreise verweigert. Aufgeben will Seehofer die permanenten Kontrollen der Griechenlandflüge. Seit dem 12. November 2017 hat die Bundespolizei – Stichtag: 25. März – 1992 Passagiere von Flügen ausgeschlossen und trotzdem an den Airports 423 illegal Reisende festgestellt. Nun vertraut man darauf, dass die griechische Polizei ihren Job erledigt.

Derweil hat Bayerns Kabinett den Aufbau einer eigenen, 1000 Mann starken Grenztruppe beschlossen. Sie soll Pässe kontrollieren, illegale Migration bekämpfen, Schleuserbanden mit unangekündigten Kontrollen, mit Schleierfahndung entlang der Grenzen zu Österreich und Tschechien bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern bekämpfen. Hinter den Kulissen ist von einem „Misstrauensvotum gegenüber der Bundespolizei“ die Rede.

Pünktlich zur Klausur in Meseberg legte der Innenminister einen Kriterienkatalog für den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus vor – maximal 1000 Fälle im Monat. Noch hat sich die Aufregung darüber nicht gelegt, da kündigt sich der nächste Paukenschlag an. Im Mai, spätestens im Juni, will er dem Kabinett einen „Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen“ vorlegen. Dazu zählt ein politischer Ladenhüter: Die drei Maghreb-Länder Marokko, Tunesien, Algerien sollen zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt werden. Asylanträge aus solchen Staaten könnten schneller abgewickelt werden. Neu ist, dass Georgien und vielleicht Armenien dazukommen sollen. „Sie erfüllen die Voraussetzungen, die im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurden: hohe Zugänge, aber sehr niedrige Anerkennungsquoten“ , erläutert Seehofers Parteifreund und Staatssekretär Stephan Mayer. 2017 kamen aus Georgien 3462 Menschen, aus Armenien 3857.

Seehofer ist auf die Grünen angewiesen

Allerdings ist Seehofer auf die Bundesländer angewiesen. In der Vergangenheit sind solche Pläne an den Grünen im Bundesrat gescheitert. Neue Hoffnung schöpfen CSU-Politiker nach den Sondierungsgesprächen mit Grünen und FDP. Zwar kam keine Koalition zustande, aber Mayers Eindruck war, „dass die Sondierungsgespräche nicht am Thema sichere Herkunftsstaaten gescheitert wären“. Sind die Grünen jetzt dafür offen?

Mehr Abschiebungen sind möglich, wenn die Herkunftsländer mitziehen. Man müsse „mehr auf das Verhalten der Herkunftsstaaten abzielen“, so Mayer. Wer kooperiert, wer nicht? „Das sollte Konsequenzen haben, sowohl bei der Entwicklungszusammenarbeit als auch bei der Visumspolitik.“ Die Idee ist nicht neu. Sie war in der Vergangenheit nicht nur am Auswärtigen Amt, sondern auch am CSU-geführten Entwicklungshilfeministerium gescheitert, an Ressortchef Gerd Müller. De Maizière Kontra zu geben, ist eine Sache, eine andere, wenn der Adressat der eigene Parteichef ist.

Im Herbst das erste Anker-Zentrum

Mayer geht davon aus, dass der Minister sich auf der Klausur in Meseberg auch grünes Licht für den Aufbau von „Anker“-Zentren holen wird. „Anker“ steht für „Ankunft, Entscheidung, Rückführung“. Von der geplanten Zusammenarbeit verschiedener Behörden unter einem Dach verspricht sich Seehofer eine Beschleunigung von Asylverfahren. Um keine Zeit zu verlieren und um sich von den Bundesländern unabhängig zu machen, will er mit Pilotprojekten starten, „die keine Rechtsänderungen zur Voraussetzung haben“. Seehofer: „Sonst diskutieren wir bis Weihnachten.“ Bereits im Herbst soll das erste Anker-Zentrum in Betrieb gehen.

Nicht aufhalten lassen will er sich bei einem weiteren Vorhaben, an dem Vorgänger de Maizière gescheitert war: „Dschihadisten mit Doppelpass wollen wir die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen“, kündigt Mayer an. Das sei im Koalitionsvertrag geregelt und „ein vordringliches Vorhaben“, betont Mayer.

Die Eile entspringt politischem Kalkül. Das Ergebnis der Bundestagswahl sei für CDU, CSU und SPD sehr schlecht gewesen, erläutert der Innenminister. Er wolle den Bürgern zeigen, dass man das damit verbundene Signal verstanden habe. Die Gelegenheit dazu steht schon im Herbst an: die bayerische Landtagswahl.