Düsseldorf. . Arnold Plickert, Original der NRW-Polizei und einflussreicher Gewerkschafter, geht in den Ruhestand. Seine Nachfolge ist noch nicht geklärt.
„Männer, alles klar bei Euch?“, ruft Arnold Plickert den Beamten vom Objektschutz des Landtags im Vorbeigehen rüber. Mit den Kollegen, die sich hier 365 Tage im Jahr bei Wind und Wetter die Beine in den Bauch stehen müssen, weiß der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ebenso umzugehen wie mit den Regierungsmitgliedern, die gerade in ihren schweren Limousinen bis unters Vordach chauffiert werden.
Plickert führt seit gerade einmal fünf Jahren die GdP im Land, die mit rund 41 000 Mitgliedern deutlich größte Berufsvertretung der Polizei. Gefühlt hat er die Debatte um die innere Sicherheit in NRW jedoch schon deutlich länger geprägt und mehr Einfluss genommen, als man sich in solch kurzer Amtszeit normalerweise verschaffen kann. Das liegt wohl daran, dass der 61-jährige Schnauzbartträger aus Wanne-Eickel ein echtes Ruhrgebiets-Original der NRW-Polizei ist und sich unkonventionell durchzusetzen versteht.
Ungemütlicher Partner für Rot-Grün
Am 24. April verabschiedet sich Plickert beim Landesdelegiertentag der GdP in Düsseldorf aus dem Amt und tritt 2019 nach mehr als 40 Jahren Polizeidienst in den Ruhestand. Wie groß die Lücke ist, die er hinterlässt, zeigt seine noch immer völlig ungeklärte Nachfolge. Die Gewerkschafter Volker Huß und Michael Mertens konkurrieren um Plickerts Posten, doch vor Beginn der Delegiertenversammlung dürfte sich kein Favorit herausschälen.
Plickert, den alle nur „Adi“ nennen, hat der GdP durch hemdsärmelige Unabhängigkeit zu neuer Geltung verholfen. Wurden Gewerkschafter früher gerne vom Innenministerium später zu Polizeipräsidenten befördert, machte Plickert der Politik schnell deutlich, dass er nichts mehr werden will. Stattdessen wurde der Sozialdemokrat gerade für die rot-grüne Landesregierung zu einem ausgesprochen ungemütlichen Partner.
Plickert nannte Probleme beim Namen
Plickert sprach als einer der ersten von „No-Go-Areas“, um Angsträume im Ruhrgebiet zu beschreiben. Er war überall vor Ort und nannte die Probleme der inneren Sicherheit so lange beim Namen, bis die Einstellungszahlen der Polizei binnen weniger Jahre von 1400 auf 2300 Kommissarsanwärter pro Jahr nach oben schnellten. In innenpolitischen Krisen wie dem missglückten „Hogesa“-Einsatz von Köln, der Silvesternacht 2015 oder dem „Terrorfall Amri“ wirkte Plickert oft besser informiert und selbstkritischer als die politisch Verantwortlichen.
Eine Talkshow-Sirene, die hinter jedem Strauch Gefahr prophezeit, wollte er nie werden. Vielmehr tritt Plickert auch selbstironisch auf mit Krawattennadel in Handschellenform oder ist gerne mal im Boulevard-Theater Pate für eine Krimi-Komödie. „Kommissar Adi“ kennt von den Chefetagen des Innenministeriums abwärts bis in jede einzelne Polizeidienststelle fast jeden. Er hört immer eine Menge und hat schnell begriffen, wie Politik funktioniert. Zum Beispiel, dass das klügste Papier nichts bewirkt, wenn es in einer Behördenschublade verschwindet. Dass man Krisen nur verlängert, wenn man sie bestreitet. Oder: Dass man in einer Verwaltung nach oben hart und nach unten fair sein muss.
Dem Teamgedanken verpflichtet
Mannschaftsdienlich war Arnold Plickert schon auf dem Fußballplatz. Einst schaffte er es beim DSC Wanne-Eickel bis in den damals drittklassigen Oberliga-Kader. „Eher für die Grätsche“ sei er zuständig gewesen, wiegelt der verheiratete Vater zweier Kinder ab. Später war er Trainer beim SV Sodingen. Den Teamgedanken liebt er auch an der Polizei. „Die geilste Zeit“ nennt er seine 15 Jahre bei der Einsatzhundertschaft, einige davon als Hundertschaftführer. Stadion-Einsätze, Demonstrationen, Mai-Krawalle, ganze Wochenenden auf Feldbetten in Turnhallen – Plickert gerät da regelrecht ins Schwärmen.
Für den Ruhestand hat sich Plickert vorgenommen, Schöffe am Landgericht Bochum zu werden. Politik? Lieber nicht. Er leidet an seiner SPD, die offenbar nicht kapiert, dass sie sich als Partei der inneren Sicherheit neu erfinden muss. Dass die schwarz-gelbe Landesregierung gerade in Windeseile mehr Polizisten einstellt, zusätzliche robuste Hundertschaften aufstellt, das Polizeigesetz mit allerhand neuen Befugnissen versieht – es freut und ärgert Plickert zugleich. „Alles richtig“, sagt er. Nur: Seine eigene Partei wollte es nicht wahrhaben.