Berlin. . Vor zwei Wochen ist Olaf Scholz ins Finanzministerium gezogen. Der Bau diente zur NS-Zeit als Reichsluftfahrtministerium. Mitgebracht hat Scholz Fotos des deutschen Pavillons auf der Weltausstellung 1958, sie schmücken sein Arbeitszimmer. Sie zeigen ein zurückhaltend gestaltetes Gebäude, mit dem die Bundesrepublik sich nach der Nazi-Zeit das erste Mal international präsentierte. Die Fotos sind sein steter Begleiter geworden.

Vor zwei Wochen ist Olaf Scholz ins Finanzministerium gezogen. Der Bau diente zur NS-Zeit als Reichsluftfahrtministerium. Mitgebracht hat Scholz Fotos des deutschen Pavillons auf der Weltausstellung 1958, sie schmücken sein Arbeitszimmer. Sie zeigen ein zurückhaltend gestaltetes Gebäude, mit dem die Bundesrepublik sich nach der Nazi-Zeit das erste Mal international präsentierte. Die Fotos sind sein steter Begleiter geworden.

Herr Scholz, ist eine Partei mit einem Wahlergebnis von 20 Prozent und noch schlechteren Umfragewerten noch eine Volkspartei?

Olaf Scholz: Selbstverständlich: Volkspartei zu sein ist ein Anspruch, Politik für alle zu machen. Die SPD ist eine Volkspartei. Sie hat sich 1959 im Godesberger Programm entschieden, offen zu sein für verschiedene politische und kulturelle Vorstellungen. Sie hat sich entschieden, eine Partei zu sein, der man die Regierung anvertraut. Das alles gilt. Jetzt arbeiten wir daran, wieder stärkste Partei zu werden.

Braucht es ein neues Godesberger Programm, um wieder 30 Prozent zu erreichen?

Man muss uns zutrauen, das Land zu führen.

Andrea Nahles soll am 22. April als erste Frau den SPD-Vorsitz übernehmen. Braucht die SPD nicht auch eine Kanzlerkandidatin?

Die Frage der Kanzlerkandidatur stellt sich jetzt nicht. Die Regierungsbildung ist gerade erst abgeschlossen worden, wir wollen die nächsten dreieinhalb Jahre ordentlich regieren. Mit Andrea Nahles an der Spitze der Bundestagsfraktion und bald auch der Partei schaffen wir ein starkes eigenes Kraftzentrum. Es geht darum, Perspektiven zu entwickeln über den Alltag des Regierungshandelns hinaus. Unser Ziel ist es, dass der nächste Kanzler, die nächste Kanzlerin aus der SPD kommt.

Viele der SPD-Wähler sind zur AfD abgewandert. Steht die SPD nicht mehr für soziale Gerechtigkeit?

Die SPD steht für den Sozialstaat und den sozialen Zusammenhalt wie keine andere Partei in Deutschland. Unsere Aufgabe ist es jetzt, die zentralen Zukunftsfragen zu beantworten: Wie stellen wir sicher, dass man mit einem normalen Einkommen gut leben kann, dass sich die Bürgerinnen und Bürger Wohnungen in boomenden Städten leisten können und ihre Rente reicht? Wie reagieren wir auf den Strukturwandel in den ländlichen Regionen, wo es oft schwer wird, einen Arzt zu finden? Wie gelingt es uns, jenen neue berufliche Perspektiven mit guten Einkommen zu bieten, deren jetzige Berufe durch den technologischen Wandel gefährdet sind? Wenn uns dies gelingt, werden wir gute Wahlergebnisse erzielen.

Wenn das so ist, hätte jemand aus der SPD-Spitze nach Essen kommen können, als die dortige Tafel ankündigte, nur noch deutsche Neukunden aufzunehmen. Warum war keiner von Ihnen da?

Ihre Frage zeigt schon ein seltsames Verständnis von Politik. Viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind jeden Tag in Essen unterwegs und kennen sich dort gut aus.

Ist das Symbolpolitik, wenn sich die Bundeskanzlerin in die Debatte um die Tafel einmischt?

Nein, viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich bei diesen Tafeln. Wer auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, ist arm und kann jede zusätzliche Hilfe gebrauchen. Unser Ziel muss es sein, dass möglichst viele ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können.

Berlins Regierender Bürgermeister Müller und SPD-Vizechef Stegner zielen auf ein Ende von Hartz IV. Stellt die SPD das Prinzip „Fördern und Fordern“ infrage?

Nein, auch Herr Müller und Herr Stegner stellen das Prinzip des Förderns und Forderns nicht infrage. Es geht um die Ausgestaltung des sozialen Arbeitsmarkts.

Sie versprechen keine neuen Schulden. Wie sieht es mit dem Schuldenabbau aus?

Im Koalitionsvertrag haben wir einen ausgeglichenen Haushalt festgeschrieben, das gilt. Als Bundesfinanzminister will ich keine neuen Schulden, aber wichtige Investitionen möglich machen. Wir müssen nach vielen Jahrzehnten endlich aus der Schuldenmacherei herauskommen.

Der Bundesrechnungshof hat vorgeschlagen, die ermäßigte Besteuerung von Diesel-Kraftstoff zu streichen. Das brächte mehr als drei Milliarden Euro ein. Ist das eine gute Idee?

Eine Änderung bei der Besteuerung von Kraftstoffen führt nicht dazu, dass die Autohersteller schneller sauberere Fahrzeuge liefern. Wir müssen ernsthaft darüber reden, wie wir mehr Elektrofahrzeuge bekommen oder den Nahverkehr ausbauen.

Sollte der Staat finanzielle Anreize geben, damit mehr saubere Dieselautos auf der Straße fahren?

Nein. Es ist die Aufgabe der Indus­trie, Fahrzeuge zu entwickeln, mit denen die geltenden und künftigen Regeln für saubere Luft befolgt werden. Diese Regeln existieren zu Recht, denn es geht um die Lebensqualität der Bürger.