Essen. . Im Januar gab es nur zwölf Organspender. Ulrike Wirges von der Stiftung Organtransplantation setzt Hoffnungen in einen Gesetzesvorstoß aus NRW.

Seit 2004 leitet Ulrike Wirges (61) als geschäftsführende Ärztin die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) in NRW, die die Vergabe von Spenderorganen hirntoter Patienten koordiniert. Mit Stephanie Weltmann spricht sie darüber, wie NRW nach dem historischen Tief von 146 Spendern im Jahr 2017 seinen Stand verbessern kann.

Frau Wirges, hat sich die Lage in NRW seit Jahresanfang entspannt?

Ulrike Wirges: Nein, kann man so noch nicht sagen. Im Januar hatten wir zwölf, im Februar 13 Spender. Damit sind wir unter dem Durchschnitt für 2016 und 2017. In Deutschland ist der Trend zuletzt zwar positiver, aber der Antrieb kommt nicht aus NRW.

CDU und FDP wollen Transplantationsbeauftragte freistellen, damit sie sich besser in ihrer Klinik um Spenden kümmern können. Löst das die Misere?

Ulrike Wirges: Ich habe mich über den Vorstoß gefreut. Organspende ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Ein Transplantationsbeauftragter muss speziell aus- und fortgebildet sein, das ärztliche und pflegerische Personal regelmäßig über Organspenden informieren und Angehörige begleiten. Das alles kann man nicht zusätzlich zum Klinikalltag bewältigen. Aber genau das geschieht zu oft, weil die Beauftragten diese Aufgabe oben drauf bekommen, dann unter hohem zusätzlichem Zeitdruck stehen.

Kliniken sollen dem NRW-Gesundheitsministerium sogar über Spenderzahlen berichten. Hilft Kontrolle?

Ulrike Wirges: Diese Daten werden ja bereits von uns gemeinsam mit den Krankenhäusern erfasst. Dass sich das Ministerium einschaltet, unterstreicht aber die Bedeutung. 2017 haben wir 14 000 Einzelfälle analysiert. In 911 Fällen hätte man an eine mögliche Organspende denken müssen, sie aber nicht in Betracht gezogen. Gründe dafür sind, dass eine Patientenverfügung nicht klar formuliert war oder dass Ärzte die Therapie eines Patienten aufgrund von Ausweglosigkeit begrenzt haben, ohne dass Transplantationsbeauftragte hinzugezogen wurde. In 118 Fällen hat man einfach nicht an die Möglichkeit einer Spende gedacht.

Weil die Kliniken überlastet sind? Aufwand und Kosten einer Spende gelten als hoch.

Ulrike Wirges: Die Kliniken erhalten 18 Millionen Euro jährlich zur Finanzierung der Transplantationsbeauftragten von den Kassen. Für eine Organspende gibt es gestaffelte Pauschalen. Ein Beispiel: Wenn mehrere Organe entnommen werden, erhält das Krankenhaus beispielsweise eine Aufwandserstattung von rund 5000 Euro. Diese Aufwandsentschädigung ist aber nicht immer kostendeckend für die Kliniken. Gerade auch bei älteren Spendern gibt es häufiger Begleiterkrankungen, die zusätzliche Untersuchungen zur Sicherheit des Organempfängers erfordern. Es gibt aber auch Fälle, in denen die zu erbringende Leistung des Krankenhauses geringer ist.

In Deutschland muss man einer Spende zustimmen, in Spanien widersprechen. Brauchen wir solch eine Lösung?

Ulrike Wirges: Man darf von einer Gesetzesänderung allein keine Wunder erwarten. Ziel muss sein, dass jeder Bürger zu einer fundierten und informierten Entscheidung über die Organspende kommt, sei es Ja oder Nein.