Düsseldorf. . Forscher haben Integrationserfahrungen im Ruhrgebiet untersucht. Nur noch 37 Prozent der Befragten sagen: “Der Islam gehört zu Deutschland“.

Die Akzeptanz gegenüber dem Islam hat im Ruhrgebiet zuletzt deutlich abgenommen, wie aus zwei bisher unveröffentlichten Forsa-Umfragen hervorgeht. Das Institut hatte in den Jahren 2015 und 2017 rund 2000 Revierbürger gefragt, wie sie zu der Aussage „Der Islam gehört zu Deutschland“ stehen. Nur 37 Prozent der Befragten sagten im vergangenen Jahr dazu Ja – 2015 waren es zehn Prozentpunkte mehr. Viel größer ist übrigens die Zustimmung zu der Aussage, der Islam gehöre zum Ruhrgebiet. Jeder Zweite bejahte dies, im Jahr 2015 waren es aber noch 60 Prozent der Befragten.

Flüchtlingskrise und Silvesternacht

Die Flüchtlingskrise, die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht, der wachsende Einfluss von Salafisten, Anschläge im In- und Ausland sowie die Propaganda von Rechtsextremisten und -populisten haben offenbar das Misstrauen gegenüber dem Islam vergrößert. Das ist eines der Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt der Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (BAPP) in Zusammenarbeit mit der Brost-Stiftung.

Ein weiteres Ergebnis stimmt die Forscher optimistischer: Eine breite Mehrheit – 80 Prozent – hält Integrationsangebote für wichtig. „Die Bereitschaft für hilfreiches bürgerschaftliches Engagement ist nach wie vor groß. Viele Menschen warten nicht auf die Politik, sondern packen an“, sagte BAPP-Präsident Prof. Bodo Hombach am Mittwoch bei der Vorstellung der groß angelegten Studie zu Integrationserfahrungen im Ruhrgebiet.

Eine aktuell aufgeladene Stimmung

Integrations-Staatssekretärin Serap Güler (CDU), selbst türkeistämmig und Tochter eines Bergmanns aus Marl, weiß, dass die aktuell aufgeladene Stimmung die Integrationsbemühungen oft überlagert. Im Ruhrgebiet seien die Voraussetzungen schwieriger als anderswo. „Junge Muslime scheinen im Revier benachteiligter zu sein als in Regionen mit anderer Wirtschaftskraft. Nach wie vor besuchen viele von ihnen eine Hauptschule, sie finden schlechter Zugang zum Arbeitsmarkt.“

Die viel beschriebene „Willkommenskultur“ müsse schnell zu einer „Anerkennungskultur“ für Muslime weiterentwickelt werden. „Wir müssen ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie zu 100 Prozent dazugehören und volle Teilhabe haben an allen Angeboten“, so Güler. Dazu gehöre zum Beispiel, den öffentlichen Dienst noch mehr für Migranten zu öffnen. Die Landesregierung werde ihre Integrations-Anstrengungen weiter ausbauen.

Kritik am Moscheeverband Ditib

Güler bewertet den Einfluss des größten Moscheeverbandes Ditib, der eng mit der türkischen Regierung verknüpft ist, auf die türkische Community in NRW kritisch. Das Ergebnis der jüngsten Vorstandswahlen bei Ditib hätte all jene enttäuscht, die auf Reformen und eine Abnabelung von Ankara hoffen. „Im Landes- und im Bundesverband von Ditib bleibt alles wie gehabt. Wir empfangen nicht das Signal, dass man mit dem Verband vertrauensvoll arbeiten kann“, sagte die Staatssekretärin.

Es gebe aber in NRW zahlreiche Ditib-Moscheegemeinden, die in eine andere Richtung steuerten und sich von der türkischen Regierung emanzipieren wollten. Man dürfe daher nicht alle Teile von Ditib „in einen Topf werfen“. Güler beklagte außerdem den großen Einfluss türkischer Medien auf viele Türkeistämmige vor Ort. „Das türkische Fernsehen beeinflusst die Meinungsblase eines Teils der türkeistämmigen Bevölkerung.“

Projekte zu wenig abgestimmt

17 gut funktionierende Integrationsprojekte in der Region wurden für die Integrationsstudie intensiv begutachtet, darunter der Verein SV Genc Osman Duisburg, das Projekt Heroes in Duisburg und die „Joblinge“ in Essen. „Es gibt viel Gutes“, sagen die Verfasser der Studie. Allerdings seien viele der Initiativen noch zu „verinselt“, findet Projektleiter Prof. Volker Kronenberg von der Universität Bonn.

Arbeit werde zu oft doppelt gemacht, weil sich manche Initiativen immer noch gegenseitig als Konkurrenten wahrnähmen. Im Ausland gebe es Projekte, die auch dem Ruhrgebiet als Vorbilder dienen könnten, sagte Kronenberg. In Wien beispielsweise kümmern sich im „OmaOpa-Projekt“ Senioren intensiv um Kinder mit geringen Bildungschancen.