Köln. Deutlich mehr Apotheken in NRW geben Cannabis auf Rezept ab. Die Wartezeiten sind mitunter lang, bis die Krankenkassen die Anträge geprüft haben.
Seit der Freigabe von Cannabis auf Rezept haben Apotheken in Nordrhein-Westfalen das Betäubungsmittel deutlich häufiger abgegeben. "Die Zahl der Patienten, die das hochwirksame pflanzliche Arzneimittel auf Rezept nachfragen, ist in unserem Kammerbezirk mit Sicherheit gestiegen", sagte Stefan Derix, Geschäftsführer der Apothekerkammer Nordrhein, zur Entwicklung in den vergangenen zwölf Monaten seit der Freigabe. Die Kammer vertritt mit rund 2200 Apotheken mehr als die Hälfte in NRW. Es gibt allerdings keine landesweiten Zahlen über die Abgabe von medizinischem Cannabis.
Einen Trend könnten Erhebungen des Bundesverbands Deutscher Apothekerverbände (ABDA) anzeigen, sagte Derix der Deutschen Presse-Agentur: Wurden im März 2017 deutschlandweit kurz nach der Freigabe-Entscheidung des Bundestags 488 Cannabis-Rezepte ausgestellt, waren es im Juni 2017 schon mehr als 2200 Rezepte. Aktuell dürften es weit mehr sein, meinte Derix.
In NRW wohl höchste Abgabendichte an Cannabis
Es sei anzunehmen, dass es im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW auch die höchste Abgabendichte an Cannabis in pharmazeutischer Qualität unter den Ländern gebe. Geliefert wird dem Kammer-Geschäftsführer zufolge eine Grundsubstanz, die die Apotheken dann auf Qualität, Reinheit und Wirkstoffgehalt prüfen.
Mitunter soll es bei der Abgabe an die Patienten in den vergangenen Monaten längere Wartezeiten gebeben haben. Ein Grund ist nach Einschätzung von Derix, dass die Prüfung einer Erstattungsfähigkeit durch die Krankenkassen offenbar Zeit brauche. Diese untersuchen, ob eine Kostenübernahme gerechtfertigt, also ein therapeutischer Nutzen gegeben ist.Da es sich bei Cannabis um ein Betäubungsmittel handele, müsse der Arzt ein entsprechendes Betäubungsmittelrezept ausstellen, hieß es beim NRW-Gesundheitsministerium in Düsseldorf. Landesweite Zahlen zu Patienten, die Cannabis auf Rezept erhalten, lagen auch dort nicht vor. Im Februar 2017 hatte der Bundestag die Freigabe auf Rezept einstimmig beschlossen.
Cannabisagentur entscheidet, wer Pflanzen anbauen darf
Helfen kann Cannabis etwa bei chronischen Schmerzen, Multipler Sklerose, Übelkeit infolge von Chemotherapien, bei Appetitlosigkeit wegen Aids, Krebs oder Alzheimer. Ab 2019 soll Cannabis in pharmazeutischer Qualität - bisher Importware - auch in Deutschland produziert werden. Die staatliche Cannabisagentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn entscheidet demnächst, welche Firmen die Pflanzen hierzulande anbauen dürfen. Die Agentur nimmt das Cannabis dann künftig von den Herstellern entgegen und gibt es weiter an die Apotheken.
Derix betonte, die Anwendung des medizinischen Präparats Cannabis könne anders ausfallen als bei klassischen Arzneimitteln. Da die Patienten den Wirkstoff rauchen, als Tee trinken oder auch in Plätzchen essen könnten, sei es umso wichtiger, genau auszuloten, wie die verschriebene Tagesdosis exakt eingehalten werde. (dpa)