Düsseldorf. Nach dem Mitgliedervotum konzentriert sich die NRW-SPD aufs Erneuern. Der Fraktionschef geht im Frühjahr, der Parteichef sieht sich als Übergang.

Das Wort „Erneuerung“ ist in der NRW-SPD nach dem Ende des Mitgliedervotums in aller Munde. Landesparteichef Michael Groschek und Generalsekretärin Svenja Schulze versprechen, sich verstärkt darum zu kümmern. Aus der Sicht vieler bisheriger GroKo-Gegner in dem größten, aber tief gespaltenen SPD-Landesverband ist Erneuerung sogar überlebenswichtig für die Partei. Personell wird bald ohnehin einiges neu geregelt. Für den Fraktionsvorsitz im Landtag und für den Landesvorsitz zeichnet sich ein Wechsel ab: Alte gehen, Junge streben nach oben.

Eigentlich wollte die NRW-SPD schon ein paar Schritte weiter sein mit ihrer Reform. Die Sehnsucht nach Runderneuerung und anschließender Wiederauferstehung ist seit der krachenden Niederlage bei der Landtagswahl riesig. Aber die ersten Entscheidungen wirkten irritierend: Der bisherige Fraktionschef Norbert Römer (71) machte weiter, an die Stelle der Ex-SPD-Landeschefin Hannelore Kraft trat einer ihrer früheren Minister: Michael Groschek (61). Das war mehr Trippelschritt als Aufbruch. Zudem bremsten die Bundestagswahl und das Ringen um eine neue GroKo im Bund den Reformeifer der NRW-Genossen.

Noch bis Frühjahr im Amt: Fraktionschef Norbert Römer.
Noch bis Frühjahr im Amt: Fraktionschef Norbert Römer.

„Über der Erneuerung der Landespartei lagen zuletzt immer wieder Regierungsfesseln“, sagt Sarah Philipp, Landtagsabgeordnete aus Duisburg und eine der Zukunftshoffnungen ihrer Partei.

„Erneuerung darf keine Worthülse sein“, mahnt Philipp. Die SPD müsse jetzt als Opposition drei, vier prägnante Themen nennen, für die sie einstehe. „Erneuerung heißt nicht, dass es nur um Köpfe geht. Wichtiger sind Inhalte. Wir müssen klären, wohin die Reise geht. Wir brauchen ein neues Leitbild“, sagt auch Nadja Lüders, Chefin der GroKo-skeptischen Dortmunder SPD und Fraktionsvize im Landtag. Lüders ist zuversichtlich, dass sich Gegner und Befürworter der GroKo nicht dauerhaft zanken. Sie seien stets pfleglich miteinander umgegangen. „Gräben sehe ich nicht“, so Lüders.

Juso-Chef: „Nicht mehr am Katzentisch sitzen“

Parteichef „Mike“ Groschek, ein früherer Marinesoldat, der sich nur als „Übergangslösung“ sieht, wird das Parteischiff bis zum großen Reform-Parteitag Mitte September durch aufgewühlte Gewässer lenken müssen. Der Parteinachwuchs (Jusos) ist durch die Kampagne ihres Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert mutig geworden. „Wir wollen nicht mehr am Katzentisch sitzen“, sagte Juso-Landeschef Frederick Cordes. Die jungen Wilden streben in Landesvorstand und Präsidium.

Als Nachfolger positioniert: Marc Herter.
Als Nachfolger positioniert: Marc Herter.

Das Mitgliedervotum wird von der Basis als Vorlage gesehen für mehr Mitsprache. Debatte, Beteiligung, Beschlüsse durch Mitglieder – „Das muss zum Grundprinzip werden in der SPD“, findet Lüders. Nicht auszuschließen, dass die NRW-SPD ihren nächsten Landeschef per Urwahl bestimmt.

Bis Ende Mai, ein Jahr nach der NRW-Wahl, wird die Landtagsfraktion klären, wer Norbert Römer nachfolgt. Römer hat einen Favoriten: Marc Herter (43) aus Hamm – Markenzeichen: rotes Rennrad – soll die Fraktion führen. Er ist parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, stellvertretender SPD-Landeschef und kommt, wie Römer, aus dem mächtigen SPD-Bezirk Westliches Westfalen.

SPD-Hoffnungsträgerin: Abgeordnete Sarah Philipp. Foto: Strauch Svenja Schulze als Umweltministerin im Gespräch

Groschek hat womöglich andere Pläne: Ende Januar lobte er neben Herter auch Martin Börschel (45), SPD-Fraktionsvize im Landtag, überschwänglich. Börschel und Herter hätten bei Verhandlungen vor dem SPD-Bundesparteitag ein „beeindruckendes Maß an Führungsverantwortung“ gezeigt. Einiges deutet darauf hin, dass Groschek lieber Börschel an der Fraktionsspitze sähe und Herter als künftigen SPD-Landeschef.

Generalsekretärin Svenja Schulze dürfte Barbara Hendricks als Bundesumweltministerin nachfolgen. Und was wird aus Sarah Philipp? Parlamentarische Geschäftsführerin vielleicht? Aus CDU-Kreisen wird kolportiert, man fürchte die Duisburgerin als mögliche Herausforderin von Armin Laschet. Der Kontrast „älterer Herr“ gegen „jüngere Frau“ wäre für die Union nicht einfach. Fest steht heute nur: Das Personalkarussell wird sich in der NRW-SPD bald munter drehen.