Rom/Berlin. Der Ton ist pflichtbewusst und ehrerbietig. „Ich danke Präsident Berlusconi für seine Geste der Hochachtung mir gegenüber. Ich habe ihm heute Abend meine Bereitschaft erklärt, Italien zu dienen“, schreibt Antonio Tajani am Donnerstag per Twitter. Die freundliche Erwiderung des EU-Parlamentspräsidenten an Silvio Berlusconi, den Chef der rechtskonservativen Partei „Forza Italia“, auf dessen Anfrage. Ja, er stehe als Ministerpräsident zur Verfügung, sollte die Parlamentswahl am Sonntag eine entsprechende Mehrheit ergeben. Das Mitte-rechts-Bündnis Berlusconis hat in den Umfragen kräftig zugelegt.
Der Ton ist pflichtbewusst und ehrerbietig. „Ich danke Präsident Berlusconi für seine Geste der Hochachtung mir gegenüber. Ich habe ihm heute Abend meine Bereitschaft erklärt, Italien zu dienen“, schreibt Antonio Tajani am Donnerstag per Twitter. Die freundliche Erwiderung des EU-Parlamentspräsidenten an Silvio Berlusconi, den Chef der rechtskonservativen Partei „Forza Italia“, auf dessen Anfrage. Ja, er stehe als Ministerpräsident zur Verfügung, sollte die Parlamentswahl am Sonntag eine entsprechende Mehrheit ergeben. Das Mitte-rechts-Bündnis Berlusconis hat in den Umfragen kräftig zugelegt.
Berlusconi und Tajani: Das ist ein ungleiches Paar. Beide haben 1993 die „Forza Italia“ gegründet, die bei der Parlamentswahl 1994 das traditionelle Parteienkartell gesprengt und die Regierung gebildet hatte. Doch äußerlich und im Stil liegen Welten zwischen den zwei Weggefährten. Auf der einen Seite der 81-jährige Berlusconi – als viermaliger Premier der Polit-Dino Italiens, Großmaul und Charmeur, Sex-Protz und tausendmal totgesagt. Auf der anderen Seite der 64-jährige Tajani – sanfte Stimme, bedächtige Körpersprache, ohne Skandale. Kurz: der clowneske Possenreißer und der Seriöse.
Die enge Bindung der beiden begann in den 80er-Jahren
Tajani ist Berlusconi in tiefer Loyalität verbunden. Noch vor ein paar Tagen lobte er ihn über den grünen Klee: „Der letzte Staatsmann mit starker internationaler Einbindung war Berlusconi. Bei ihm haben sich Bush und Putin die Hand gereicht.“ Wenn die beiden zusammen in der Öffentlichkeit auftreten wie beim Kongress der Europäischen Volkspartei auf Malta vor knapp einem Jahr, ist die Rangordnung klar. Tajani wendet sich Berlusconi zu, gestikuliert mit den Händen und redet auf den Altpolitiker ein. Der zeigt keine Regung, blickt mit starrem Gesichtsausdruck in eine andere Richtung. Der Feldherr und der Adjutant.
Die enge Bindung der beiden besteht seit den 80er-Jahren. Nach dem Jurastudium schlug Tajani die journalistische Laufbahn ein. 1983 leitete er die Mailänder Zeitung „Il Giornale“, die im Besitz von Paolo Berlusconi, dem Bruder von Silvio, ist. 1994 arbeitete Tajani im ersten Kabinett Berlusconis kurzzeitig als Pressesprecher. Noch im gleichen Jahr wechselte er als Abgeordneter des EU-Parlaments nach Brüssel. Er absolvierte zwei Amtsperioden als EU-Kommissar für Verkehr sowie für Unternehmen. Bei seinem Ausscheiden verzichtete er im November 2014 auf ein Übergangsgeld in Höhe von 468 000 Euro.
Seit Januar 2017 ist Tajani EU-Parlamentspräsident, als Nachfolger von Martin Schulz. Im Gegensatz zu dem SPD-Politiker ist Tajani ein Mann der leisen Töne. Dampfhammer-Rhetorik ist seine Sache nicht. Genau deswegen hat ihn der Polarisierer Berlusconi als Regierungschef vorgeschlagen: Tajani soll durch seine Verbindlichkeit Wähler in der Mitte ansprechen und vor allem die Brüsseler Eurokraten beruhigen. Eigentlich würde Berlusconi selbst gern noch einmal regieren. Aber als verurteilter Steuerhinterzieher ist ihm bis 2019 ein politisches Amt verwehrt.
Trotz seines Rufs als Gemäßigter vom Dienst kann Tajani klar Position beziehen. So forderte er kürzlich im Interview mit dieser Redaktion eine Verdoppelung des EU-Budgets auf 280 Milliarden Euro ab 2021. Begründung: mehr Aufwand für den Schutz der EU-Außengrenzen und ein Marshallplan für Afrika.
Auch wenn Tajani seine innenpolitischen Karten noch nicht auf den Tisch gelegt hat: Ein offener Widerstand gegen Berlusconi ist eher unwahrscheinlich. Im Gegensatz zu dem Polit-Platzhirsch hat Tajani keine Hausmacht in der „Forza Italia“. Er ist zudem im Land eher als Vertreter des Brüsseler Biotops bekannt.
Verschwörungstheoretiker in Rom haben einen ganz anderen Verdacht. Berlusconi spekuliere darauf, dass es nach der Wahl am Sonntag zu keiner stabilen Mehrheit kommt. „Wenn Mitte-rechts nicht die Mehrheit gewinnt, werden wir wieder wählen gehen“, kündigte er bereits an. Tajani solle einstweilen als Übergangs-Premier und Statthalter für Berlusconi regieren. 2019 könnte dieser ja wieder antreten. So die Theorie.