Berlin. Es war die Untertreibung des noch jungen Jahres: Die Frage, wer welches Ressort bekommt, sei „nicht ganz einfach“ gewesen, hatte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags am Mittwoch gesagt. Nicht ganz einfach ist gut. Die CDU musste in den Verhandlungen die Hoheit über das Finanzressort und das Innenministerium an SPD und CSU abgeben. Die Sozialdemokraten bekamen außerdem noch das Außenministerium und das Arbeits- und Sozialressort zugesprochen.

Es war die Untertreibung des noch jungen Jahres: Die Frage, wer welches Ressort bekommt, sei „nicht ganz einfach“ gewesen, hatte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags am Mittwoch gesagt. Nicht ganz einfach ist gut. Die CDU musste in den Verhandlungen die Hoheit über das Finanzressort und das Innenministerium an SPD und CSU abgeben. Die Sozialdemokraten bekamen außerdem noch das Außenministerium und das Arbeits- und Sozialressort zugesprochen.

Diese Aufteilung der Ministerien brachte die sonst sehr disziplinierte CDU am Donnerstag gewaltig in Wallung.

Die Kritik der Partei, die – manchmal schmollend, aber doch meist eisern – hinter ihrer Vorsitzenden steht, schwoll an. Vertreter des konservativen Wirtschaftsflügels drückten es am drastischsten aus. „Die Verteilung der Ministerien lässt jede Ausgewogenheit vermissen. Sie widerspricht allen Regeln, die es bislang unter Koalitionären gab“, kritisierte der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union, Carsten Linnemann. Wer die Hoheit über Auswärtiges, Finanzen sowie Arbeit und Soziales in die Hand des kleineren Koalitionspartners lege, „gibt seinen Gestaltungsanspruch in entscheidenden Bereichen ab“. Auch der Wirtschaftsrat bemängelte: „Das Finanzressort aus der Hand zu geben, überwiegt alle anderen negativen Ergebnisse dieses Koalitionsvertrages“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger. Der Wirtschaftsflügel steht Merkel und ihrem Mitte-Kurs schon länger kritisch gegenüber.

Doch auch die Merkel-treuen CDU-Ministerpräsidenten sind alles andere als enthusiastisch. „Die Begeisterung beim Ressortzuschnitt hält sich aus Sicht der CDU in der Tat wirklich in engen Grenzen“, sagte etwa Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. Alles zusammen genommen ist das für CDU-Verhältnisse schon harsche Kritik an Merkel.

In den Hintergrund tritt dabei, dass die SPD inhaltlich nicht viel rausgeholt hat. Siehe Rente: Zwar soll es ein Mindestrentenniveau geben – aber das liegt fürs Erste nicht weit vom ohnehin prognostizierten Sicherungsniveau der Rente entfernt. Die Bürgerversicherung kommt nicht. Die Zugeständnisse bei den sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen halten sich in Grenzen. Auch das Bekenntnis zur „schwarzen Null“ im Haushalt spiegelt die CDU-Sicht auf die Dinge.

So drückt es auch der Vize-CDU-Chef Volker Bouffier, einer der Hauptverhandler der CDU, aus: „Mit Blick auf die Ressortverteilung tut es der Union schon weh, das Finanzministerium wieder an die SPD abgeben zu müssen“, sagte Bouffier dieser Redaktion, „aber insgesamt haben die Unionsparteien zehn Ressorts, einschließlich Kanzlerin, die SPD aber nur sechs“. Der Koalitionsvertrag enthalte „insgesamt viel Gutes“, so Bouffier.

Insgesamt überlagern die Ressortentscheidungen in der CDU gerade die inhaltlichen Erfolge. Besonders die Aufgabe des Finanzressorts schmerzt die Partei. „Das tut uns weh. Das ist unzweifelhaft so. Wir hätten das Finanzressort gern behalten“, sagte die saarländische Ministerpräsidentin und mögliche Merkel-Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Mittwochabend. Merkel musste Bedenken wegen des Verlustes des Finanzministeriums zerstreuen. Sie verwies auf die große Bedeutung des Bundestags in Haushaltsfragen. Doch so richtig gefruchtet hat es nicht.

Einzig das von der CDU eroberte Verteidigungsressort hat wirklich politisches Gewicht. Und auch wenn das Wirtschaftsministerium, das ebenfalls an die CDU geht, einiges an inhaltlichen Möglichkeiten bietet: Es ist bei Weitem nicht so einflussreich wie das Finanzministerium. Besonders Wolfgang Schäuble hat die „schwarze Null“ zum CDU-Markenkern gemacht. Ein Haushalt ohne Schulden – unter SPD-Führung scheint das vielen CDUlern nicht mehr sicher.

Stundenlange Sprachlosigkeit

Was hat Merkel dazu getrieben, diesen hohen Preis zu zahlen? Die Unions-Verhandler zeichneten ein dramatisches Bild der Nächte. Es habe die Frage im Raum gestanden: „Geht’s weiter oder nicht?“, erzählte der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. Teilweise habe man sich angeschwiegen, teilweise sei es „bleihaltig“ gewesen, die SPD habe „sehr beharrt, dass sie diese drei Ministerien will, dass sie sonst nicht in die Regierung eintreten kann“. Die Debatte darüber habe stundenlang gedauert, „auch mit stundenlanger Sprachlosigkeit“. Letztlich sei der Kompromiss ein „Akt der Verantwortung für die Demokratie“ gewesen. Alle drei Parteien hätten „riesigen Schaden genommen“, auf Jahre hinaus, wenn wegen der Postenverteilung – so wäre es laut Horst Seehofer in der Bevölkerung wahrgenommen worden – die Gespräche gescheitert wären.

Auch die CDU erzählte diese Geschichte. Es sei nicht optimal gelaufen, räumte man im Adenauer-Haus ein. Doch letztlich habe die CDU die Verantwortung dafür gehabt, dass es endlich zu einer Regierung komme. Wäre es an der Ressortfrage gescheitert, dann hätte man bleibende Schäden angerichtet. Die Partei will den Koalitionsvertrag nun auf einem Parteitag am 26. Februar verabschieden.

Bei aller Kritik – die Frage nach einer Nachfolge in der CDU bleibt offen. Wäre Merkel wieder die Nummer eins im Falle von Neuwahlen? Wer folgt 2021? Die Partei wird mit einer Personaldiskussion in dieser Legislatur leben müssen.