Washington. Carl Bernstein kennt sich aus mit Tricksern. Als junger Reporter hat er für die „Washington Post“ gemeinsam mit seinem Kollegen Bob Woodward den Watergate-Skandal ans Tageslicht gebracht, der Präsident Richard Nixon politisch den Kopf kostete. Was sich seit Freitagabend rund um Veröffentlichung geheimer Informationen von FBI und Justizministerium in der Russland-Affäre abspielt, erinnert den 73-Jährigen abermals an einen „Red Herring“ – an ein Ablenkungsmanöver. Orchestriert, wie er sagt, von einem „demagogischen, autoritären Präsidenten“, der eine gegen ihn laufende Untersuchung diskreditieren will: Donald Trump.
Carl Bernstein kennt sich aus mit Tricksern. Als junger Reporter hat er für die „Washington Post“ gemeinsam mit seinem Kollegen Bob Woodward den Watergate-Skandal ans Tageslicht gebracht, der Präsident Richard Nixon politisch den Kopf kostete. Was sich seit Freitagabend rund um Veröffentlichung geheimer Informationen von FBI und Justizministerium in der Russland-Affäre abspielt, erinnert den 73-Jährigen abermals an einen „Red Herring“ – an ein Ablenkungsmanöver. Orchestriert, wie er sagt, von einem „demagogischen, autoritären Präsidenten“, der eine gegen ihn laufende Untersuchung diskreditieren will: Donald Trump.
Mit dieser krassen Einschätzung über die jüngste Eskalation zwischen Trump und Spitzenvertretern des FBI und des Justizministeriums, denen de facto politische Korruption vorgeworfen wird, steht Bernstein nicht allein. Viele US-Kommentatoren erkennen in dem vierseitigen Schriftstück, das der republikanische Kongressabgeordnete Devin Nunes verantwortet und das Trump gegen große Einwände freigab, eine „Nebelkerze“. Ziel: Die Arbeit des Sonderermittlers und Ex-FBI-Chefs Robert Mueller, der seit Mai 2017 unter anderem die mögliche Verstrickung von Trump und dessen Wahlkampfteam in eine von Moskau lancierte Schmutzkampagne gegen die Demokratin Hillary Clinton untersucht, soll in Verruf gebracht werden.
Und zwar so: Laut Nunes haben sich FBI und Justizministerium die geheimdienstliche Überwachung des Ex-Trump-Beraters Carter Page, der enge Kontakte nach Russland pflegte, mit unlauteren Mitteln erschlichen. Als Grundlage für die von einem Spezialgericht genehmigte Beschattung sollen Behauptungen aus einer Materialsammlung des früheren britischen Spions Michael Steele genutzt worden sein.
Dass Steele, der auch Dinge zusammentrug, die Trump persönlich in den Ruch der Erpressbarkeit durch Moskau rücken, im Präsidentschaftswahlkampf 2016 über Umwege von Demokraten dafür mit 160 000 Dollar entlohnt wurde, sei verschwiegen worden. Ebenso, dass Steele ein leidenschaftlicher Trump-Gegner gewesen sei. Nunes spricht von einem „besorgniserregenden Zusammenbruch rechtlicher Prozeduren“, die US-Bürger vor ungerechtfertigten Spähangriffen schützen sollen.
Demokraten und hohe FBI-Vertreter verweisen dagegen darauf, dass Page seit 2013 auf dem Radar der Geheimdienste war. Und dass die Initialzündung für eine erneute Überwachung nicht auf den in FBI-Kreisen hoch anerkannten Briten Steele zurückgeht. Sondern auf das Geständnis von Ex-Trump-Berater George Papadopoulos, der heute mit Sonderermittler Mueller kollaboriert. Papadopoulos hatte sich gegenüber dem australischen Botschafter in London verplaudert und im Frühjahr 2016 von schmutzigem Material über Clinton geredet, das sich in russischen Händen befinde.
Wird Mueller in die Wüste geschickt?
Die von Nunes bestrittene „Legitimität und Legalität“ der Abhörmaßnahme, die drei Mal vom Gericht verlängert wurde, sei „jederzeit gegeben gewesen“, sagen Juristen. Zuletzt sah das auch Vizejustizminister Rod Rosenstein so und zeichnete noch Anfang 2017 ein entsprechendes Gesuch ab. Der Mann ist Trump ein Dorn im Auge, weil er in der Russland-Affäre im Mai 2017 den Sonderermittler Robert Mueller erst möglich gemacht hatte.
Trump bleibt die Antwort bisher schuldig, ob er Vertrauen in Rosenstein hat. Analysten schließen darum die Entlassung des Stellvertreters von Justizminister Jeff Sessions nicht aus. Der logische Schritt danach wäre die Installierung eines Trump ergebenen Nachfolgers, der Sonderermittler Mueller „in die Wüste schickt“, sagten Kommentatoren im TV-Sender MSNBC, „was gewiss eine Verfassungskrise auslösen würde“.
Demokraten im Kongress wie die Spitzen von FBI (Christopher Wray) und Justizministerium (Rod Rosenstein) bezeichneten das Nunes-Papier als „unglaubwürdig“ und „irreführend“. Es enthalte manipulierte Informationen, die der Reputation der Bundespolizei und der Justiz schweren Schaden zufügen können. Ein „Gegengutachten“ der Demokraten, das Nunes’ Schlussfolgerungen konterkariert, darf bisher nicht veröffentlicht werden.
Trump ignorierte den Wunsch. Er verspricht sich, wie er laut „New York Times“ intern Mitarbeitern sagte, von der Publikation Entlastung in eigener Sache. Laut Regierungsinsidern soll sich folgende Interpretation in der Bevölkerung festsetzen: Wenn FBI und Justizministerium schon bei einem kleinen Fisch wie Carter Page unseriös arbeiten und mit von Hillary-Clinton-Fans frisierten Informationen eine geheime Überwachung anleiern, wie unparteiisch werden dann erst die Ermittlungen gegen den Präsidenten sein?