Düsseldorf. . Der NRW-Justizminister will Kindern mit einer neuen Broschüre unser Rechtssystem beibringen. Gedruckt wurde das Heft ausgerechnet im Gefängnis.

Justitia ist nicht blind, sondern fährt gut gelaunt Skateboard. Waage und Schwert hält die Göttin der Gerechtigkeit dabei lässig in den Händen. Umringt wird sie von staunenden Kindern und aufmerksamen Hunden. „Alles klar, Justitia!“ prangt in roten Buchstaben über der Szenerie, ebenso das Landeswappen Nordrhein-Westfalens.

Das ungewöhnliche Kinderbuch-Cover ist der Versuch des neuen NRW-Justizministers Peter Biesenbach (CDU), schon Mädchen und Jungen im Grundschulalter für unser Rechtssystem zu interessieren. Kindgerecht werden mit bunten Bildern Gerichtsverfahren erzählt – die missbräuchliche Verwendung eines Handy-Selfies, der Trennungsstreit der Eltern oder die Zeugenschaft beim Einbruch in der Nachbarwohnung.

Sinn für Gerechtigkeit fördern

„Kinder haben einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Dieses Interesse will ich fördern und Kinder frühzeitig und altersentsprechend an unser Rechtssystem heranführen“, sagte Biesenbach unserer Redaktion. Das Justizministerium hat das Bilderbuch „Alles klar, Justitia!“ in einer Erstauflage von 100 000 Stück drucken lassen und allein 60 000 direkt an Gerichte und Justizeinrichtungen verteilt. Dort hofft man, dass etwa Zeugen mit Kindern beim Warten auf ihre Aussage Interesse an den Geschichten finden. Die restlichen 40 000 Exemplare können kostenlos beim Justizministerium bestellt werden.

Die Gesamtkosten für das Kinderbuch belaufen sich auf lediglich rund 25 000 Euro, da Biesenbach in der landeseigenen Druckerei der Justizvollzuganstalt Geldern produzieren ließ. Ironischerweise sitzen dort besonders viele Schwerverbrecher ein, die eben gegen jenes bunt illustrierte Rechtssystem verstoßen haben.

Möglichst an jeder Grundschule Rechtskunde-AGs

Mittelfristig will das Justizministerium auch Grundschulen mit einem Offenen Ganztagsangebot für Rechtskunde-AGs gewinnen. Bislang gibt es in NRW bereits rund 1000 freiwillige Kurse an weiterführenden Schulen. Sie umfassen zwischen zehn und zwölf Doppelstunden. Hinzu kommen noch 268 Basiskurse über acht Stunden in der deutschen Rechtsordnung für junge Flüchtlinge. Geboren wurde diese Idee im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 noch von Biesenbachs Amtsvorgänger Thomas Kutschaty (SPD). Erteilt werden alle Rechtskunde-Stunden von engagierten Richtern, Staatsanwälten, Rechtsanwälten und Rechtspflegern. Sie fungieren als Pädagogen im Nebenamt und bekommen eine Vergütung vom Land wie etwa ein Volkshochschul-Lehrer.

„Mein Ziel ist ganz klar, dass ich jeder Schule das Angebot mache, eine Arbeitsgemeinschaft anzubieten“, sagte Biesenbach unserer Redaktion. Vor allem die Grundschulen sollen besser über das Angebot des Landes informiert werden und die Scheu verlieren, kleinere Kinder mit Anwälten oder Richtern in Kontakt zu bringen. Offenbar schwebt Peter Biesenbach vor, dass die kleine Rechtskunde irgendwann so üblich wird wie der Polizei-Besuch in der Grundschule.

Was macht eigentlich ein Richter?

„Wir haben festgestellt, dass schon kleine Kinder ein großes Interesse daran haben, was eigentlich eine Richterin oder Staatsanwältin macht“, sagte Biesenbach. Vor allem die immer frühere Nutzung von Handys und sozialen Netzwerken lässt es nach Einschätzung mancher Experten sogar ratsam erscheinen, selbst junge Kinder spielerisch für rechtliche Fragen zu sensibilisieren. Zumal es auch in vielen Elternhäusern nicht mehr die Regel sei, dass Grundkenntnisse über unsere Rechtsordnung vorhanden sind.