Berlin. . Die Warnung des türkischen Außenministers war deutlich: Wenn die USA die „ständigen Störfeuer“ der kurdischen Miliz YPG im Norden Syriens nicht stoppen könnten, „werden wir das stoppen“, sagte Mevlüt Cavusloglu in einem Interview. Die Regierung in Ankara droht wenige Tage nach dem Beginn der türkischen Militäraktion in Syrien mit einer Ausweitung der Kämpfe. Die Sorge über die neue Eskalation in Syrien ist weltweit groß – längst erreicht der Konflikt auch Deutschland, die Kritik an der zurückhaltenden Reaktion der Bundesregierung wächst: „Deutschland, die EU und die Nato müssen ihr Schweigen beenden – und klar Stellung beziehen“, sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen dieser Zeitung.
Die Warnung des türkischen Außenministers war deutlich: Wenn die USA die „ständigen Störfeuer“ der kurdischen Miliz YPG im Norden Syriens nicht stoppen könnten, „werden wir das stoppen“, sagte Mevlüt Cavusloglu in einem Interview. Die Regierung in Ankara droht wenige Tage nach dem Beginn der türkischen Militäraktion in Syrien mit einer Ausweitung der Kämpfe. Die Sorge über die neue Eskalation in Syrien ist weltweit groß – längst erreicht der Konflikt auch Deutschland, die Kritik an der zurückhaltenden Reaktion der Bundesregierung wächst: „Deutschland, die EU und die Nato müssen ihr Schweigen beenden – und klar Stellung beziehen“, sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen dieser Zeitung.
Warum greift die Türkei an?
Die Türkei sieht die kurdische Miliz im Nordwesten Syriens als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Bedrohung der Sicherheit im eigenen Land. Präsident Recep Tayyip Erdogan warnt, dass Waffen der syrischen Kurden in die Hände der PKK gelangen könnten. Zugleich will die Türkei verhindern, dass die Kurden in Nordsyrien einen eigenen Staat erhalten – in der jetzt angegriffenen kurdischen Enklave Afrin leben Hunderttausende Menschen in relativ demokratischen Strukturen. Für Erdogan ist nicht mehr der syrische Machthaber Baschar al-Assad der Hauptgegner, sondern die Kurden in Syrien – obwohl sie die Hauptlast im Kampf gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) trugen. Die Türkei will mit der „Operation Olivenzweig“ eine 30 Kilometer breite Sicherheitszone einrichten, aus der die YPG-Miliz vertrieben werden soll. Seit dem Wochenende rücken Bodentruppen in das Gebiet Afrin vor. Mindestens hundert Menschen kamen bisher ums Leben, Tausende sind auf der Flucht. In der Türkei stößt die Offensive auf breite Zustimmung, Erdogan heizt die Stimmung jetzt mit antiamerikanischen Parolen an.
Warum ist die Offensive gefährlich für die USA und die Nato?
Die USA unterstützen die Kurdenmiliz YPG und die von ihr dominierten Syrischen Demokratischen Streitkräfte (SDF) im Kampf gegen den IS mit Spezialkräften und aus der Luft. Das Nato-Land Türkei greift also einen Verbündeten des Nato-Landes USA an. Noch sind US-Soldaten nicht in Kämpfe verwickelt. Das könnte sich ändern, wenn türkische Streitkräfte weiter vorrücken. Die USA üben Kritik, vermeiden aber bislang eine Zuspitzung.
Werden deutsche Panzer eingesetzt?
Ja, Aufnahmen beweisen den Einsatz von Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion. Experten halten die Belege für eindeutig, auch wenn die Bundesregierung eine Bestätigung vermieden hat. Die Türkei hat von 2006 bis 2011 insgesamt 354 Leopard 2 gekauft; anders als bei früheren Lieferungen wurden keine Beschränkungen für den Einsatz vereinbart. Die türkische Armee klagt, dass sie bei den Einsätzen gegen den „Islamischen Staat“ viele Leopard-Panzer durch Minen und Beschuss verloren habe. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte deshalb eine Nachrüstung zum besseren Minenschutz in Aussicht gestellt. Vor allem daran gibt es Kritik. Sorge lösen Spekulationen aus, die kurdische YPG-Miliz könnte mit deutschen Milan-Raketen, die an die Peschmerga im Irak geliefert wurden, auf deutsche Panzer schießen.
Wie sind die Reaktionen in Deutschland?
Die Bundesregierung äußert sich zurückhaltend. Das Auswärtige Amt vermied es, den türkischen Angriff als Verstoß gegen das Völkerrecht einzuordnen. Gabriel warnte aber vor unkalkulierbaren Risiken und rief dazu auf, eine politische Lösung zu suchen. Im Bundestag sind die Reaktionen schärfer. Der CDU-Außenpolitiker Röttgen sagte dieser Zeitung: „Die Intervention in Nordsyrien muss als völkerrechtswidrig und kontraproduktiv im Kampf gegen den ,Islamischen Staat‘ gebrandmarkt werden.“ Die in Syrien kämpfenden Kurden seien „die wichtigste Bodentruppe in der Anti-IS-Koalition“ gewesen. Röttgen forderte zugleich, die deutsche Rüstungsexportpolitik zu überdenken.
Die von Gabriel befürwortete bessere Ausstattung für den Kampfpanzer Leopard 2 „kommt überhaupt nicht infrage“, betonte Röttgen. Die Nachrüstung sei schon vor der Syrien-Intervention abwegig gewesen. „Solange Ankara deutsche Staatsbürger als politische Geiseln nimmt, können wir nicht über Waffenexporte an die Türkei reden.“ Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht fordert den Abzug der Bundeswehrsoldaten vom Nato-Stützpunkt im türkischen Konya. Die Bundesregierung könne nicht ausschließen, dass die mit Awacs-Aufklärungsflugzeugen erhobenen Daten „für den Angriffskrieg“ Erdogans gegen die Kurden in Syrien genutzt würden, sagte sie dieser Zeitung.