Donald Trump verbreitete in elf Monaten 1700 Unwahrheiten
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Washington. US-Präsident Donald Trump hat schon jetzt sechsmal so viele Falschdarstellungen produziert wie Vorgänger Barack Obama in acht Jahren.
Nach den Erfahrungen im Wahlkampf haben führende US-Medien wie die „New York Times“ und die „Washington Post“ Teams aufgebaut, die akribisch sammeln und bewerten, was Donald Trump von sich gibt. Das Ergebnis ist selbst im Zeitalter des Postfaktischen bemerkenswert. Rund 1700 Falschaussagen – von Übertreibungen bis zu glatten Lügen – hat der amerikanische Präsident gemacht, seit er am 20. Januar vor dem Kapitol in Washington den Amtseid ablegte. Mit der Folge, dass inzwischen über 60 Prozent der Amerikaner den ersten Mann im Staate für prinzipiell „unehrlich“ halten.
Auch das Faktenüberprüfungsportal „www.politifact.com“ stützt den Befund, dass der 45. Präsident der Vereinigten Staaten ein äußerst geschmeidiges Verhältnis zur Wahrhaftigkeit hat. 400 Aussagen werden dort zwischen halb wahr und grotesk falsch eingestuft, hingegen nur 21 (vier Prozent) als zutreffend. In den ersten elf Monaten seiner Amtszeit hat der New Yorker Unternehmer sechsmal so viele Falschdarstellungen in die Welt gesetzt wie dessen Vorgänger Barack Obama während seiner achtjährigen Präsidentschaft.
Nicht genug damit. Trump wiederholt seine Unwahrheiten regelmäßig. Und gerade dann, wenn sie öffentlich hinreichend widerlegt sind. Sein Kalkül geht dabei teilweise auf. Seine Kernwählerschaft erkennt nicht an, was die Mehrheit als gezielte „Wahrheitszerstörung durch alternative Fakten“ ansieht. Sie glaubt dem Präsidenten. Vor allem dann, wenn das Gros der Medien ihm den Spiegel vorhält. Wird Trump angegriffen, schlägt er doppelt hart zurück und belegt seinen Kritiker pauschal mit dem Allzwecketikett „Fake News“ – Lügenpresse. Oder er behauptet im Handumdrehen das Gegenteil von dem, was er am Vortag gesagt hatte.
Für den Präsidenten wird geglättet, entstellt, verdreht
„Trump zieht sich die Fakten an wie andere morgens die Socken“, sagen Politikwissenschaftler des Georgetown-Universität, „je nach Tagesopportunität wird passend gemacht, was nicht zusammenpasst.“ Entweder von Trump persönlich – via Twitter an die Adresse seiner mittlerweile 45 Millionen Abonnenten. Oder von seinen wichtigsten Sprachrohren. Darunter Regierungssprecherin Sarah Sanders und Beraterin Kellyanne Conway.
Im Sinne des Präsidenten glätten, entstellen und verdrehen sie jeden Tag mit einem Lächeln selbst das, was lückenlos dokumentiert ist. Das Spektrum der Trumpschen Schauermärchen ist inzwischen so breit, dass hochrangige Politikprominente verzweifeln: „Wenn es das ist, was wir in Amerika geworden sind, habe ich 40 Jahre meines Lebens verschwendet“, sagt der ehemalige Vier-Sterne-General und Chef des Geheimdienstes CIA, Michael Hayden, „bis jetzt konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein amerikanischer Präsident in der Lage ist, eine so ungeheuerliche Attacke gegen die Wahrheit zu fahren.“ Und das vom ersten Tag an.
„Das war die größte Zuschauermenge, die es jemals bei einer Amtseinführung gegeben hat – basta!“ Trumps längst gefeuerter Regierungssprecher Sean Spicer löste mit dieser vom Chef gewünschten Aussage Ende Januar geradezu ungläubiges Entsetzen aus. Videos, Fotos und Fernsehaufnahmen bewiesen für jedermann leicht erkennbar das Gegenteil.
„Die Russland-Geschichte ist Fake News“
Im Februar behauptete Trump, dass er mit 306 Stimmen im Wahlmännergremium einen der größten Siege aller Zeiten davongetragen habe. George H.W. Bush, Bill Clinton und Barack Obama, um nur drei Vorgänger zu nennen, hatten bessere Ergebnisse. Im März erklärte Trump im Kontext der Russland-Ermittlungen: „Schrecklich: Ich habe gerade herausgefunden, dass Obama mich abhören ließ.“ Belege? Gibt es nicht.
Trumps Quelle, das Propagandaportal Breitbart News, hatte einen britischen Medienbericht (bewusst?) falsch verstanden. Trump blieb bei seinen Vorwürfen, ohne sich zu entschuldigen. Sein Pauschalkonter lautet: „Die Russland-Geschichte ist Fake News.“ Der Präsident streitet konsequent ab, dass es vor und nach der Wahl intensive Kontakte zwischen Kreml und seinen engsten Mitarbeitern gab, ja sogar möglicherweise eine gesetzlich verbotene Nebenaußenpolitik.
Dagegen sind sämtliche Geheimdienste und mehrere Kongressausschüsse überzeugt, dass Russlands Präsident Putin eine Kampagne orchestriert hat, „die Trumps Konkurrentin Hillary Clinton schaden und die Integrität der demokratischen Institutionen in Amerika beschädigen sollte“. Auch dass Sonderermittler Robert Mueller immer mehr Indizien für eine Kumpanei zwischen Kreml und Team Trump zutage fördert und bereits Anklagen erhoben hat (Michael Flynn, Paul Manafort etc.), blendet der Präsident aus und arbeitet mit daran, die Reputation von Mueller und dessen Fahndern zu zerstören.
Das sind die US-Präsidenten seit 1945
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Trump schmückt sich mit fremden Federn
In diesem Klima gehen andere Aussetzer beinahe unter: „Wir haben Handelsdefizite mit so ziemlich jedem Land, weil wir viele schlechte Verhandler hatten.“ Tatsache ist: Amerika hat mit mehr als 100 Ländern Handelsüberschüsse.
Regelmäßig nimmt Trump politische Entscheidungen für sich in Anspruch, die lange vor seiner Zeit getroffen wurden. So waren Kürzungen bei teuren Militärprojekten wie dem Kampfflieger F 35 oder höhere Beiträge der übrigen Nato-Partner bereits vor Jahren beschlossene Sache. Trump sagt trotzdem: „Ich habe durch meine Verhandlungen Milliardensummen für Amerika herausgeholt.“
Um sein erstes Großprojekt durchzubringen, wiederholte Trump über Monate ebenfalls eine leicht zu widerlegende Falschaussage: „Wir sind unter den Industrienationen die am höchsten besteuerte Nation der Welt.“ Laut OECD liegt Amerika beim Anteil des Steueraufkommens am Brutto-Sozialprodukt auf Platz 31. In Ländern wie Dänemark, Frankreich und Belgien liegt der Prozentsatz doppelt so hoch wie in den USA.
Kein Präsident war so früh so unbeliebt wie Trump
Dazu passt auch diese Sentenz: „Die Steuerreform wird sich selbst finanzieren.“ Kein einziges unabhängiges Finanzinstitut bestätigt das. Im Gegenteil. Der Schuldenberg der USA wird durch die geplanten Veränderungen binnen zehn Jahren um weitere 1000 Milliarden Dollar steigen, so hat es das überparteiliche Budget-Office im Kongress errechnet.
Fehlt noch ein Evergreen: „Kein Präsident in der amerikanischen Geschichte hat in so kurzer Zeit so viel erreicht.“ Gemessen an bisher nur einem einzigen größeren legislativen Erfolg (Steuerreform) ist Trumps Selbstwahrnehmung mehr als kühn.
Realität ist, dass kein Präsident in den vergangenen 80 Jahren so früh so unbeliebt war wie Donald Trump bereits nach einem Jahr seiner Präsidentschaft. Seine Beliebtheitswerte sind auf katastrophale 35 Prozent gesunken. Und das ist nichts als die Wahrheit.
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