Berlin. . An dem Oktobermorgen rücken die Polizisten der Spezialeinheit GSG9 zu einem besonderen Einsatz in der Nähe von Rosenheim aus. Sie sollen die Wohnung eines Kollegen der Bundespolizei durchsuchen. Der Beamte ist im Besitz einer großkalibrigen Waffe. Es ist Herbst 2012. Der 42 Jahre alte Polizeihauptmeister soll in einer Art Sekte von Rechtsextremisten aktiv sein.
An dem Oktobermorgen rücken die Polizisten der Spezialeinheit GSG9 zu einem besonderen Einsatz in der Nähe von Rosenheim aus. Sie sollen die Wohnung eines Kollegen der Bundespolizei durchsuchen. Der Beamte ist im Besitz einer großkalibrigen Waffe. Es ist Herbst 2012. Der 42 Jahre alte Polizeihauptmeister soll in einer Art Sekte von Rechtsextremisten aktiv sein.
Immer wieder geraten einzelne Polizisten ins Visier der Justiz, weil sie den Behörden im Kreise von Rechtsextremisten auffallen. Gegen vier Beamte in Sachsen-Anhalt laufen seit vier Jahren Disziplinarverfahren, weil sie der verfassungsfeindlichen „Reichsbürger“-Bewegung angehören sollen. Ein bayerischer Zollbeamter soll ein Feriendorf in Ostdeutschland leiten, das als Szene-Treffpunkt auch für Neonazis bekannt ist. Seit August 2017 ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft gegen eine Gruppe mutmaßlicher Rechtsterroristen aus Mecklenburg-Vorpommern. Sie sollen Angriffe auf linke Politiker geplant haben. Im November 2017 urteilt ein Gericht, dass einem Berliner Polizisten der Beamtenstatus entzogen werden dürfe, weil er auf Fotos den Hitlergruß gezeigt hatte.
Auch an der rechten Gesinnung des Bundespolizisten im Landkreis Rosenheim haben die Vorgesetzten keinen Zweifel. Seit Februar 2012 hatte die Polizeidirektion München intern gegen den Beamten ermittelt. Mittlerweile läuft ein Disziplinarverfahren. Das Ziel der Polizeiführung: Sie will dem Mann das Ruhegehalt streichen, gut 2000 Euro monatlich. Seit zwei Jahren liegt der Fall vor Gericht.
„Reichsbürger“ in den eigenen Reihen, Extremisten in den Hundertschaften, Rechte in den Büros des Zolls – immer wieder tauchen Meldungen auf, doch es sind nur Einzelfälle bekannt, und das bei jeweils 40 000 Mitarbeitern allein bei Zoll und Bundespolizei. Zählt man die Bundesländer noch dazu, gibt es derzeit in Deutschland fast 300 000 Polizisten.
Statistiken zu Verstößen von Beamten gegen Dienstvorschriften gibt es kaum. Das zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Linken, die der Redaktion vorliegt. Demnach gab es seit 2007 bei der Bundespolizei 2845 abgeschlossene Disziplinarverfahren. Bekannt ist der Behörde nach eigenen Angaben nur ein Verfahren gegen einen Beamten, der als Rechtsextremist gilt. Gemeint ist wohl der Fall in Rosenheim. Beim Zoll liefen in den vergangenen zehn Jahren 996 Verfahren gegen Beamte, in zwei Fällen gehe die Behörde gegen „Reichsbürger“ vor. Beim Bundeskriminalamt ermittelten die Beamten seit 2007 in 86 Fällen gegen eigene Leute wegen Verstößen gegen Dienstvorschriften oder Gesetze. In keinem Fall ist ein Kriminalpolizist laut Regierung unter Rechtsextremismus-Verdacht geraten.
Gewerkschaft der Polizei spricht von Einzelfällen
Unklar ist, wie oft ein Verfahren eingestellt wurde. Die Behörden geben nur Zahlen an zu Fällen, in denen es zu einer Suspendierung, Aufhebung des Beamtenverhältnisses oder Kündigung kam. Beim BKA waren dies fünf Fälle in den vergangenen Jahren, bei der Bundespolizei in 37 Fällen seit 2009 und beim Zoll 25 seit 2007. Vieles bleibe in der Antwort der Bundesregierung „im Dunkeln“, kritisiert Linke-Politikerin Martina Renner. Renner, aber auch Wissenschaftler wie Rafael Behr von der Hamburger Polizeiakademie sehen in Disziplinarverfahren nur ein stumpfes Schwert zur Kontrolle von Beamten. Externe Kontrollgremien könnten mehr Transparenz bei Vergehen von Polizeibeamten leisten, sagen Renner und Behr.
Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort auf den Datenschutz. Einen Einblick in die Delikte, die Beamten vorgeworfen werden, gibt dagegen eine Antwort des Bundesinnenministeriums von Minister Thomas de Maizière (CDU) aus dem Jahr 2015. Darin sind Verfahren gelistet, die mit einer Dienstenthebung des Beschuldigten endeten. Dabei ging es etwa bei der Bundespolizei in zwei Dutzend Fällen um schwere Körperverletzungen und Geheimnisverrat sowie um Diebstahl. Bei einem Bundespolizisten heißt es: Dienstenthebung wegen Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Organisation. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagt klar, dass rechtsextreme Vorfälle in den Reihen der Sicherheitsbehörden Einzelfälle seien. Polizisten seien auf Demonstrationen mit radikalen Parolen im Einsatz konfrontiert. „Hier muss einer möglichen Radikalisierung einzelner Beamter vorgebeugt und die politische Bildung verstärkt werden.“