Düsseldorf. . NRW-Schulministerin will die strengen Regeln flexibler gestalten. Betreuung soll kein Hindernis für Aktivitäten der Schüler in Vereinen sein.

Grundschüler im Offenen Ganztag sollen ab dem kommenden Schuljahr mehr Freiraum für Aktivitäten außerhalb der Schule bekommen. Bisher müssen Ganztags-Schüler in der Regel jeden Tag bis zu einer bestimmten Uhrzeit in der Schule bleiben, meist bis 16 Uhr.

Engagemen außerhalb der Schule leidet

Das erschwert ein Engagement der Mädchen und Jungen in Sportvereinen, Musikschulen oder Kirchengemeinden. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) möchte diese strengen Regeln schnell ändern.

„Es darf nicht sein, dass Eltern gedroht wird: Wenn sie ihr Kind zeitweise aus dem Ganztag herausnehmen, dann verlieren sie im nächsten Schuljahr den Betreuungsplatz“, sagte Gebauer am Dienstag im Landtag.

Vorstellbar sei etwa, dass die Eltern künftig zu Beginn des Schuljahres festlegen, an welchen Tagen ihre Kinder im Ganztag sind und an welchen nicht. Dazu solle der Ganztagserlass zügig erweitert werden.

Auf den Prüfstand stellen

14 Jahre nach der Einführung möchte die Landesregierung die Qualität des Offenen Ganztags auf den Prüfstand stellen. Es handele sich zwar um ein „Erfolgsmodell“, das an mehr als 90 Prozent der Grundschulen angeboten wird.

„Dennoch wird die Offene Ganztagsschule nicht überall ihrem Bildungsanspruch gerecht“, kritisierte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Mit den Trägern müsse daher dringend über Mindeststandards verhandelt werden, etwa bei Personal und Gruppengrößen. Noch vor Weihnachten soll die Anhörung der Verbände eingeleitet werden.

Nur 44 Prozent der Schüler nehmen Angebot an

Ganztag ist zwar ein Angebot an fast allen Grundschulen im Land. Aber nur 44 Prozent der Grundschüler nehmen es an. Insgesamt nehmen in NRW rund 285 000 Grundschüler daran teil. Laut Gebauer ist die Frage, was der Offene Ganztag eigentlich leisten soll, immer noch unbeantwortet. Im Grunde müsse er überall nach vergleichbaren Standards „Betreuung, Bildung und Erziehung“ bieten, sagte die Ministerin.

Angebote sind zu unterschiedlich

Tatsächlich aber unterscheide sich das Angebot von Kommune zu Kommune und von Schule zu Schule. Das Land werde seine Förderung im kommenden Jahr um sechs Prozent erhöhen, die Zahl der Plätze im Offenen Ganztag an Grund-, Förder- und Waldorfschulen steige dann um weitere 8000 auf insgesamt 315 600.

Bei Gewerkschaften stoßen die Pläne der Landesregierung zur Flexibilisierung des Ganztags auf Skepsis. „Wir warnen vor einem Etikettenschwindel“, sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Dorothea Schäfer. „Wir brauchen kein Platz-Sharing mit ständig wechselnden Gruppen“. Das sei eine Zumutung für das Personal und die Kinder.

„Kein Platz-Sharing mit wechselnden Gruppen“

Der NRW-Verband Bildung und Erziehung (VBE) plädiert ebenfalls dafür, den Grundschulen die Möglichkeit eines „gebundenen“, für die Kinder verpflichtenden Ganztags zu geben.

Das Landeskabinett gab am Dienstag zudem 60 Millionen Euro Jahresförderung für den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung frei. Nach Angaben des Schulministeriums sind das 20 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Die erhöhte Summe soll für das laufende Schuljahr gelten und die beiden folgenden Jahre.

20 Millionen Euro mehr als im Vorjahr

„Es gibt bei der schulischen Inklusion viele Fehlentwicklungen“, begründete Gebauer den Nachschlag. Bislang erhielten die Kommunen jährlich je 20 Millionen Euro für Sachausgaben und eine Inklusionspauschale für unterstützendes Personal.