Ein Jahr hat die Bundeskanzlerin gebraucht, um sich mit Angehörigen und Opfern des Terroranschlags vom Berliner Breitscheidplatz zu treffen. Zwölf Monate Bedenkzeit bedurfte es – und eines anklagenden offenen Briefes derer, die noch heute unter den Folgen des vorweihnachtlichen Terrors von 2016 leiden. Trauerarbeit und staatliche Unterstützung wurden vom Kanzleramt an den Opferbeauftragten Kurt Beck delegiert. Soweit die regierungsamtlichen Mängel auf der emotionalen Seite des Geschehens.
Ein Jahr hat die Bundeskanzlerin gebraucht, um sich mit Angehörigen und Opfern des Terroranschlags vom Berliner Breitscheidplatz zu treffen. Zwölf Monate Bedenkzeit bedurfte es – und eines anklagenden offenen Briefes derer, die noch heute unter den Folgen des vorweihnachtlichen Terrors von 2016 leiden. Trauerarbeit und staatliche Unterstützung wurden vom Kanzleramt an den Opferbeauftragten Kurt Beck delegiert. Soweit die regierungsamtlichen Mängel auf der emotionalen Seite des Geschehens.
Schwerer noch wiegt, was bei der Untersuchung des Falles Anis Amri bisher zutage gekommen ist: Eine ganze Kette von Versäumnissen, Fehlentscheidungen, Schlampereien. Davon abgesehen, dass der Tunesier gar nicht hätte einreisen dürfen, gab es genügend Gelegenheiten, ihn wegen Drogenhandels, Passvergehen oder terroristischer Bestrebungen abzuschieben, dingfest zu machen – oder zumindest weiter unter Beobachtung zu halten. Genau genommen bestand die Pflicht dazu. Warum das nicht geschehen ist, schwebt noch immer als offene Frage über dem Fall.
Es wird auch bei noch so guter Zusammenarbeit der Behörden, trotz gut ausgestatteter und personell verstärkter Polizei und allerlei technischer Vorkehrungen keine absolute Sicherheit vor Terroranschlägen geben. Der Fall Amri aber wäre vermeidbar gewesen. So viel lässt sich heute sagen. Und warum in einem Land, dessen Bürger von der Wiege bis zur Bahre unter bürokratischer 360-Grad-Kontrolle stehen, im wahrsten Sinne des Wortes grenzenlose Nachlässigkeit bei potenziellen und tatsächlichen Straftätern walten kann, ist schwer vermittelbar. Der Staat hat nicht nur die Aufgabe, seine Bürger zu verwalten, sondern auch die Pflicht, sie zu schützen. Und (rechtzeitige) emotionale Anteilnahme bei von ihm zumindest mitverschuldeten Schicksalsschlägen stünde ihm auch nicht schlecht zu Gesicht.