Berlin. Bei den neuen Rechten gibt es weder einen klaren Kurs noch eine Machtperspektive. Die Wähler dürften sich inzwischen gewaltig ärgern.
Was mag ein AfD-Wähler empfinden, wenn er nach diesem Wochenende auf seine Partei blickt? Eine Partei, die so viel versprochen hat. Eine Partei, die auch deshalb für viele so reizvoll war, weil sie den radikalen Gegenentwurf zur etablierten Politik liefern wollte. Ihr Aufstieg wurde nur möglich, weil immer mehr Wähler den Politikbetrieb als ein Feld für unwürdiges Geschacher empfinden, auf dem es weniger um das Lösen von Problemen und mehr um das Sichern von Einfluss und Posten geht.
Wer aus diesem Grund sein Kreuz am 24. September bei der AfD machte, dürfte sich jetzt gewaltig ärgern. Die Partei, die es erst seit knapp fünf Jahren gibt, hat sich in Lichtgeschwindigkeit in einen Intrigantenstadl verwandelt, gegen den Machtkämpfe der Etablierten wie Kindergeburtstage wirken.
AfD ist unterwegs nach rechts-außen
Und vergessen können die Wähler auch die Abgrenzungsrhetorik zum völkischen Lager, die immer unglaubwürdiger wird.
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Das ist auch eine Lehre von Hannover. Von der Partei, die der politisch-skurrile, aber durchaus kluge Professor Lucke im bunten Strickpulli gründete, ist die heutige AfD meilenweit entfernt.
Und wenn schon ein Alexander Gauland, der „stolz“ ist auf die „Leistung deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“ als Kompromissparteichef herhalten muss, wird klar: Der nationale, teilweise sogar völkische Flügel der Partei ist von den gemäßigten Kräften nicht mehr aufzuhalten. Aber wo wird der pragmatische, eher unideologische Teil der AfD seinen Platz dann finden? In der Union, die sich in einer Nach-Merkel-Phase neu orientieren wird? Oder in einer neuen, gemäßigt rechten Partei?
Erneute Spaltung der AfD würde nicht überraschen
Nach der Abspaltung von Bernd Lucke und dem Frust-Rückzug von Frauke Petry nur einen Tag nach der Wahl wäre eine neuerliche Spaltung der AfD tatsächlich kein Wunder. Mit Meuthen und dem rhetorischen Scharfmacher Gauland an der Spitze wird der Kompromiss von Hannover nicht lange halten. Gut möglich also, dass es schon bei der nächsten Wahl eine weitere Alternative für die „Alternative für Deutschland“ gibt.
Damit verlöre die AfD auch ihre Machtperspektive, um die es ohnehin nicht gut bestellt ist. Zwar ist die Partei mit 92 Abgeordneten üppig im Bundestag vertreten – aber niemand ist weit und breit für eine Koalition mit den zerstrittenen Rechten zu haben. Und so schnell wird es auch keine Machtoption geben.
AfD ist zu zerstritten für das Regieren
Alexander Gauland selbst warnte auf dem chaotischen Parteitag von Hannover davor, dass die AfD nicht zu schnell in eine Regierung kommen dürfe, da man im Vergleich mit erfahrenen Parteien dann ohne Chance sei.
Gauland mag mit seiner Einschätzung Recht haben. Aber wahrscheinlicher ist, dass der neue Co-Vorsitzende der AfD, immerhin ehemaliger Leiter einer Staatskanzlei, klar erkannt
hat: Der Haufen ist viel zu zerstritten für das Regieren und ohne eine wirklich mehrheitsfähige politische Agenda.
Lücke zwischen Sprüchen und Handeln ist groß
In der Verantwortung wäre der Lack der AfD noch schneller ab als in der Opposition, in der man sich gefahrlos als üppig finanzierte Protestpartei ausleben und Stimmungen schüren kann. Kalkulierte Provokationen im Parlamentsbetrieb sind für die AfD im Moment einfach bequemer als die Mühlen des Regierungsalltags, zumal man ohnehin nur das bessere Anhängsel wäre.
Die spannende Frage ist: Wird das den vielen Wählern der AfD reichen? Schon jetzt ist die Lücke zwischen großen Sprüchen und konkretem Handeln bei der AfD dramatisch groß.