Altena. . Trotzdem macht der Bürgermeister von Altena auch nach dem Angriff weiter – auch mit seiner Flüchtlingspolitik, die er für richtig hält.
Ein wenig blass, ein bisschen müde wirkt Andreas Hollstein, als er am Dienstagmorgen den Ratssaal in Altena betritt. Äußerlich erinnert da nur noch ein kleiner Verband am Hals an die Ereignisse des Vorabends. Innerlich aber wird die Heilung wohl länger dauern. „Ich werde mir professionelle Hilfe holen“, sagt der 54-Jährige. Um zu verarbeiten, was passiert ist an diesem Montagabend. „Ich will nicht den starken Mann markieren.“
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Dabei ist er ja schon einiges gewohnt, seit er mehr Flüchtlinge in seine Stadt geholt hat, als es der Verteilschlüssel eigentlich vorgesehen hat. Beschimpft haben sie ihn bei Facebook, beleidigt in E-Mails. Selbst am Morgen nach dem Attentat hat er Nachrichten bekommen, die die Tat ausdrücklich loben. „Das sagt alles über die politische Kultur in Deutschland.“
„Digitale Brunnenvergifter“
Hollstein kann und will diese Kultur nicht verstehen. Spricht von einer „Verrohung in der Gesellschaft“ und von „digitalen Brunnenvergiftern“, durch die Werner S., der Mann, der ihn angegriffen hat im Imbiss, zum „Werkzeug“ geworden sei. Zu einem gefährlichen Werkzeug. „Ja, ich habe um mein Leben gefürchtet.“ Er sei vor einigen Jahren krebskrank gewesen und habe es überlebt. Und nun der Anschlag. „Am Montagabend fühlte ich mich wie an meinem dritten Geburtstag.“
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Er will nicht von einem Riss sprechen, der durch die Stadt geht, aber natürlich weiß er, dass es Menschen gibt in Altena, die die Flüchtlinge nicht wollen. Auch das kann er nicht verstehen. „Absolut unproblematisch“ sei die Lage, die Stimmung in der Bevölkerung hält er für „unspektakulär“. „Aber es gibt immer Leute, die sich abgehängt fühlen.“
Bürgermeister und Personenschutz „passt nicht“
Ändern will Hollstein, der seit 1999 hauptamtlicher Bürgermeister in seiner Geburtsstadt ist, seine Politik deshalb nicht. „Ich weiß, wofür ich es mache, und ich mache es weiter“, stellt er klar. Ob das so einfach geht, wie es klingt, kann am Dienstag niemand sagen.
Nachmittags sprechen die Ermittler vom Staatsschutz in Hagen von Personen- und Objektschutz für den Bürgermeister. Aber da winkt Hollstein ab. Bürgermeister und Personenschutz, sagt er, das sei wie „Schnee im Juli. Das passt nicht zusammen.“ Und wenn es irgendwann tatsächlich nicht mehr ohne solche Sicherheitsvorkehrungen geht, dann solle man „die Bürgermeister abschaffen. Und die kommunalen Parlamente gleich mit“.