Essen. . Erster einheitliche Regionalplan für das Ruhrgebiet seit 1966 beendet die Dreiteilung der Region durch die Planungsämter der Bezirksregierungen.

Die Beteiligten sprechen bereits von einem historischen Ereignis. Und in den Dimensionen der wechselvollen Revier-Geschichte ist es das vielleicht auch: Erstmals seit vielen Jahrzehnten gibt es wieder eine einheitliche Flächenplanung für das gesamte Ruhrgebiet.

Nach einer Vorbereitungszeit von sechs Jahren stellte der Regionalverband Ruhr (RVR) am Dienstag den Regionalplan Metropole Ruhr vor. Geht es um Platz für neue Wohnbebauung und Gewerbeansiedlung, um Freiflächen für Landwirtschaft, Naherholung und Verkehr, führt demnächst kein Weg mehr an der RVR-Planungsbehörde in Essen vorbei.

Der Plan habe „unmittelbare Bindungswirkung“ für Kommunen und Bauwillige, betonte RVR-Planungsdezernent Martin Tönnes. Allerdings steht dem Planungswerk selbst noch ein Genehmigungsmarathon bevor. Ruhrparlament und sämtliche Kommunalräte müssen zustimmen. Auch die Landesregierung muss ihr Placet geben. Rechtswirksamkeit dürfte der Regionalplan somit erst ab Mitte 2019 erlangen. Ein Scheitern des Prozesses gilt allerdings als unwahrscheinlich.

Frischer Kitt für eine Region

Deshalb bezeichnet Tönnes den Regionalplan schon jetzt als „strategischen Zukunftsplan“ für das Ruhrgebiet. Der RVR-Beigeordnete sprach sogar von der verbindenden Kraft, die das Papier schon während der Vorbereitungszeit entfaltet habe. Der Regionalplan sei im engen Schulterschluss mit den Kommunen entstanden und „von der Region für die Region“ entwickelt worden, sagte Tönnes.

Im Laufe des mehrjährigen Beteiligungsverfahrens habe es intensive Gespräche mit allen 53 Städten und Gemeinden im RVR-Gebiet gegeben. „Das hat die Region noch weiter zusammenrücken lassen“, glaubt Tönnes. Angesichts des oft kritisierten Kirchturmdenkens im größten deutschen Ballungsraum könnte die neue Regionalplanung tatsächlich wie frischer Kitt für eine Region wirken, die sonst eher unter zersplitterten Zuständigkeiten und internen Eifersüchteleien zu leiden hat. Denn mit dem zunächst bis 2034 gültigen Regionalplan Ruhr endet die planerische Dreiteilung des Ruhrgebiets durch die Bezirksregierungen in Arnsberg, Düsseldorf und Münster.

Bessere Abstimmung entlang der Bezirksgrenzen

Regionalplanung im Gebiet des RVR.
Regionalplanung im Gebiet des RVR. © Gerd Bertelmann

Zwar hatte das Land dem RVR bereits 2009 die Zuständigkeit für das regionale Flächenmanagement übertragen. Bislang aber musste der Regionalverband Planungsvorhaben noch auf Grundlage von insgesamt fünf verschiedenen derzeit gültigen Regionalplänen begutachten. Diese Zeit geht jetzt zu Ende.

Von dem neuen einheitlichen Plan versprechen sich die Verantwortlichen eine bessere Abstimmung vor allem entlang der revier-internen Regierungsbezirksgrenzen, schnellere Planungsprozesse und überkommunale Lösungen etwa bei der Ausweisung von Gewerbeflächen.

Erstmals überhaupt umgrenzt der RVR-Plan denn auch 21 regionale Kooperationsstandorte für flächenintensive Gewerbeansiedlungen ab acht Hektar, darunter Areale wie den Rangierbahnhof Hamm, ein stillgelegtes Uniper-Kraftwerk an der Stadtgrenze Dortmund/Castrop-Rauxel und die Schachtanlage Franz Haniel in Bottrop. Auf den Bedarf solcher Großflächen hatten Wirtschaftsförderer und Industrievertreter aus der Region immer wieder hingewiesen.

Platz für 115 000 neue Wohnungen

Darüberhinaus wurde fürs Revier ein derzeit noch vorhandenes Flächenpotenzial für rund 115 000 neue Wohnungen ermittelt. Auch die wichtigsten Schienen- und Fernstraßenachsen wurden als verbindliche Verkehrskorridore festgelegt. Sie dürfen nicht überbaut werden.

Besonders stolz sind die RVR-Planer auf die Festlegung so genannter Kaltluftleitbahnen. Dabei handelt es sich um große städteübergreifende Grüngebiete, die als Schneisen frische Luft etwa aus dem ländlicheren Revier-Norden in die dicht besiedelten Stadtregionen transportieren sollen und künftig nicht mehr durch Bebauung unterbrochen werden dürfen. „Das ist eine konkreter Beitrag, um die unliebsamen Folgen des Klimawandels in unserem Ballungsraum abzumildern“, so Martin Tönnes.


>>18 Prozent Wald

Rund 39 Prozent des Ruhrgebiets bestehen aus Siedlungs- und Verkehrsflächen. Weitere 39 Prozent werden landwirtschaftlich genutzt. 18 Prozent sind Wald, drei Prozent Wasserflächen. Der letzte Regionalplan Ruhr wurde 1966 vom Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk erstellt. Er galt bis 1975.