Düsseldorf/Essen. . Bis 2021 sollen 61 NRW-Städte einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen. RWI: Das Ziel wird mit Steuererhöhungen und Leistungskürzungen erkauft.
Schwächt der „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ ungewollt die ärmsten NRW-Kommunen, denen eigentlich geholfen werden soll? Das Rettungsprogramm der vorherigen rot-grünen Landesregierung ist durch eine alarmierende Zwischenbilanz des renommierten RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen ins Gerede gekommen.
Die Forscher analysierten, dass mit Landeshilfen von 4,5 Milliarden Euro zwar in den 61 teilnehmenden NRW-Städten bis 2020 das vorrangige Ziel eines ausgeglichenen Stadthaushaltes erreicht werde. Der Preis dafür sei aber hoch: Die Kommunen müssten Einsparungen und Ergebnisverbesserungen von rund 10,6 Milliarden Euro liefern, was zu Lasten der Standortattraktivität gehe.
Kommunalministerin kündigt Maßnahmen an
Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) erklärte, auch sie sehe „das Risiko, dass sich Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen in einzelnen Kommunen teilweise auf Dauer negativ auf ihre Attraktivität als Wirtschafts- und Wohnstandort auswirken können“. Sie werde mit einem „Bündel von Maßnahmen“ reagieren – etwa den anhaltenden Anstieg der kommunalen Sozialausgaben analysieren, die Altschuldenproblematik mit dem Bund diskutieren und Investitionshilfen geben.
„Damit sich die finanzielle Lage der Stärkungspaktkommunen nach Auslaufen des Paktes nicht wieder verschlechtert, müssen auch ihre sozioökonomischen Rahmenbedingungen verbessert werden“, sagt Hermann Rappen, RWI-Experte für kommunale Finanzen. Sprich: Die ärmsten Kommunen müssten besonders attraktiv für Unternehmen und Neubürger werden. Doch immer höhere Steuern und Abgaben sowie Kürzungen im Leistungsangebot erzeugen den gegenteiligen Effekt.
Stärkungspakt im Jahr 2011 beschlossen
SPD und Grüne hatten 2011 den „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ aufgelegt. Überschuldete Städte wie Duisburg, Hagen oder Oberhausen mussten teilnehmen, andere wie Essen, Gelsenkirchen, Herne oder Bottrop machten freiwillig mit. Das Prinzip: Die 61 Kommunen erhalten rund 4,5 Milliarden Euro, müssen im Gegenzug aber rund 10,6 Milliarden Euro einsparen und bis 2021 einen ausgeglichenen Stadtetat ohne Landeshilfen hinbekommen.
Bei den Eigenbeiträgen zeigt sich, dass lokale Steuererhöhungen mit 4,3 Milliarden Euro den Löwenanteil ausmachen. Gerade Hauseigentümer und Mieter in den ärmsten Kommunen wurden mit einer im Schnitt um 40 Prozent gestiegenen Grundsteuer B zur Kasse gebeten. Zudem wurden Stadtverwaltungen ausgedünnt, um weitere 2,6 Milliarden Euro einzusparen. Leistungskürzungen im Jugend-, Kultur-, Bildungs- und Sozialbereich schlugen mit insgesamt mehr als 1,5 Milliarden Euro zu Buche.