Hagen. . Studie sieht dramatischen Rückgang vieler Arten um bis zu 75 Prozent. Naturschützer halten Pestizide in der Landwirtschaft für die Hauptursache.
Das Insektensterben in Deutschland nimmt dramatisch zu. In den vergangenen 27 Jahren Jahren sind mehr als 75 Prozent der Falter, Heuschrecken oder Schwebefliegen verschwunden. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie eines internationalen Forscherteams aus den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland.
„Wir haben es mit einer höchst dramatischen und bedrohlichen Entwicklung zu tun“, sagt Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU). „Allein die Tatsache, dass es sich bei allen Untersuchungsflächen um verinselte Standorte in Schutzgebieten handelt, in deren Umfeld zu mehr als 90 Prozent konventionelle Agrarnutzung stattfindet, legt einen negativen Einfluss durch die Landwirtschaft nahe.“
Der Deutsche Bauernverband bewertet die Ergebnisse kritisch. Generalsekretär Bernhard Krüsken: „In Anbetracht der Tatsache, dass die Erfassung der Insekten ausschließlich in Schutzgebieten stattfand, verbieten sich voreilige Schlüsse.“ Georg Jung, Geschäftsführer der Kreisverbände Olpe und Siegen-Wittgenstein des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, sieht „die Entwicklung mit Sorge. Ohne Insekten kommen wir nicht aus.“
Als Hauptursache führen die Wissenschaftler den Einsatz von Pestiziden an. Besonderes Augenmerk gilt den Neonikotinoiden, die stärker auf Insekten als auf Wirbeltiere wirkten. „Auf höchstens zehn bis zwölf Prozent der landwirtschaftlichen Fläche wird bei uns überhaupt Ackerbau betrieben“, sagt Jung. „Ich sehe nicht – Ausnahmen sind möglich – dass mit Neonikotinoiden gebeiztes Saatgut bei uns eingesetzt wird.“
Die Naturschützer in Südwestfalen sind nicht erst seit heute alarmiert. Helga Düben, Vorsitzende vom NABU Siegen-Wittgenstein: „Jeder registtriert, dass die Zahl der Insekten abnimmt. Und wenn es an der Windschutzscheibe vom Auto ist.“ Die 64-Jährige fürchtet die Folgen: „Die nächsten in der Kette sind die Vögel. Aus meiner Sicht ist der nächste stumme Frühling nicht so weit weg.“