Düsseldorf. Heute kümmern sich fast 10 000 Ehrenamtliche um die Sterbebegleitung Schwerstkranker. Am Wochenende informieren Experten über Schmerzmedizin.
Vor 25 Jahren waren „Hospiz“ und „Palliativmedizin“ hierzulande nur Fremdwörter. Im Jahr 1992 gab es in Nordrhein-Westfalen gerade einmal zwei stationäre Hospize und drei Palliativstationen. Aber aus der Hospiz-Wüste wurde eine Hospiz-Bewegung mit heute immerhin 71 stationären und 306 ambulanten Einrichtungen zur Sterbebegleitung. „Wir haben heute ein gutes, tragfähiges und flächendeckendes Angebot“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) vor dem Welt-Hospiztag am 14. Oktober.
„Unser Motto ist: Geht nicht, gibt es nicht“, erklärte Martina Kern, die eine von zwei „Alpha“-Beratungsstellen in NRW leitet. In diesen Büros in Bonn und Münster geben Experten seit 1992 Rat rund um die Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen.
Kern beschrieb einen spürbaren Wandel hin zu einer „Hospizkultur“, die viel mehr als früher die Wünsche und Bedürfnisse von Sterbenden in den Mittelpunkt stelle. Da befeuchtet ein Angehöriger seiner todkranken Frau die Lippen mit einem Sprühfläschchen wechselweise mit Hühnersuppe und Rotwein, da heiratet eine Patientin wenige Tage vor ihrem Tod den geliebten Partner, da beraten Trauerbegleiter die Erzieherinnen einer Kita, die einer Vierjährigen Trost spenden möchten, weil ihre Schwester mit sechs Monaten am plötzlichen Kindstod gestorben war. In der Entwicklung der Hospizbewegung stecke viel „Menschlichkeit, christliche Grundwerte und Barmherzigkeit“, findet Minister Laumann. Es stimme einfach nicht, dass es in dieser Gesellschaft einen Trend zur Ich-Bezogenheit gebe.
Aber sind die Angebote zur Sterbebegleitung an Rhein und Ruhr heute wirklich so vorbildlich? Reichen 682 Hospiz-Plätze und 457 Palliativ-Betten in einem Bundesland mit mehr als 17 Millionen Einwohnern aus? Auf Nachfrage sagen die Leiterinnen der „Alpha“-Beratungsstellen und der Gesundheitsminister, dass es auch Wartelisten für Hospizplätze gebe. „Das liegt aber auch daran, dass sich viele Menschen sehr früh und gleich in mehreren Hospizen anmelden. Man kann nicht sagen, dass überall viele Hospizplätze fehlten “, erklärte Gerlinde Dingerkus von der Beratung in Münster. Im Grunde reiche das Hospiz-Angebot aus, und was die Palliativmedizin angehe, also die medizinische Versorgung von unheilbar Kranken, gebe es ein breites Angebot in Kliniken und zahlreiche entsprechend qualifizierte Ärzte.
Auf Spenden angewiesen
Rund 9400 Ehrenamtliche kümmerten sich heute in NRW um die Begleitung von Todkranken. „Und es ist kein Problem, Menschen zu finden, die diese Arbeit machen möchten“, so Gerlinde Dingerkus. Karl-Josef Laumann sieht allerdings eine steigende Nachfrage nach diesen Diensten voraus: „Schon allein wegen der demografischen Entwicklung wird es einen weiteren Zubau stationärer Hospizplätze geben.“
Seit etwa zehn Jahren gibt es einen Rechtsanspruch von Krankenversicherten auf palliativmedizinische Leistungen. Den weitaus größten Teil der Kosten für eine Betreuung im Hospiz übernehmen die Kranken- und Pflegekassen, erklärte Laumann. Der Eigenanteil, den Patienten zu den Kosten beisteuern, sei von 20 auf zehn Prozent gesunken. Die Hospize seien aber nach wie vor auf großzügige Spenden angewiesen. Träger dieser Häuser sind vor allem die Kirchen und die Wohlfahrtsverbände.
Vom 13. bis 15. Oktober informieren mehr als 120 Einrichtungen in 70 NRW-Städten über Hospizarbeit und Palliativmedizin, unter anderem in Arnsberg, Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Hagen, Meschede, Lüdenscheid und Olpe. Infos im Internet: www.hospiz-und-palliativtage.nrw.de