Bangkok. . Entlang des Naf-Flusses an der Grenze zu Bangladesch erleuchten die Feuer, die ein paar Kilometer entfernt Dörfer rund um das Städtchen Maungdaw verwüsten, die Nächte. Auf den Hügeln von Balukhali, die vor einer Woche noch menschenleer waren, beobachten Tausende von Rohingya-Flüchtlingen in notdürftigen Unterständen aus Bambus und Plastikplanen, wie jenseits der Grenze riesige Rauchwolken aus ihren Heimatdörfern steigen. „Jetzt gibt es dort nur noch leere Dörfer“, sagt ein junger Flüchtling, „wir hatten Frauen und Kinder schon früher fortgeschickt. Aber jetzt mussten wir auch fliehen.“
Entlang des Naf-Flusses an der Grenze zu Bangladesch erleuchten die Feuer, die ein paar Kilometer entfernt Dörfer rund um das Städtchen Maungdaw verwüsten, die Nächte. Auf den Hügeln von Balukhali, die vor einer Woche noch menschenleer waren, beobachten Tausende von Rohingya-Flüchtlingen in notdürftigen Unterständen aus Bambus und Plastikplanen, wie jenseits der Grenze riesige Rauchwolken aus ihren Heimatdörfern steigen. „Jetzt gibt es dort nur noch leere Dörfer“, sagt ein junger Flüchtling, „wir hatten Frauen und Kinder schon früher fortgeschickt. Aber jetzt mussten wir auch fliehen.“
125 000 Rohingya, mehr als zehn Prozent der insgesamt auf 1,1 Millionen geschätzten Minderheit in Myanmar, schleppten sich laut jüngsten Zahlen der Vereinten Nationen barfuß und nur mit ihrer nötigsten Habe auf dem Rücken über die Grenze. Ende August hatten militante Islamisten der Gruppe „Harakah-al-Yakin“ („Bewegung des Glaubens“) Posten der Sicherheitskräfte im Norden des Rakhine-Staats entlang Myanmars Grenze zu Bangladesch attackiert. Die Angriffe werden offenbar von einem Mann namens Ata Ullah geleitet, der in Pakistans Wirtschaftsmetropole Karachi geboren wurde, in Saudi-Arabien aufwuchs und nach Jahrzehnten der Unterdrückung der Rohingya längst auch Anhänger unter den jungen birmanischen Muslimen findet.
Zivilisten werden gezielt vertrieben
Fast 400 Menschen starben laut Myanmars Angaben, seit die Streitkräfte des Landes zum Gegenschlag gegen die Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA), wie die Generäle die bewaffnete Gruppe nennen, ausholte. „Sie wollten zwei Orte für Rohingya etablieren“, behauptete General Aung Ye Win, Sprecher der Armee. Sein Chef, der Oberkommandeur von Myanmars Streitkräften, General Min Aung Hlaing, erklärte: „Wir werden nicht erlauben, dass eine Lage wie im Jahr 1942 entsteht.“ Damals verbündeten sich die muslimischen Rohingya mit der britischen Kolonialarmee und wollten einen eigenen Staat errichten.
Zehntausende starben bei blutigen Zusammenstößen mit lokalen buddhistischen Bewohnern des Rakhine-Staats, die sich mit Japans Besatzungsarmee zusammengetan hatten. Seither werden den Rohingya, in Myanmar gern als „Bengalis“ aus Bangladesch beschimpft, Staatsbürgerechte verweigert. Für Myanmars Oberbefehlshaber General Hlaing steht fest: „Im Rakhine-Staat wird gerade aufgeräumt, was 1942 liegen blieb.“ Seine Offiziere wenden eine Strategie gegen die Rebellen an, die fast so alt ist wie das Problem und von den Briten abgekupfert wurde. Wichtigster Teil: Die Zivilbevölkerung wird aus dem Konfliktgebiet verdrängt, um Rebellen von Informationen, Nahrung, Geld und neuen Rekruten abzuschneiden.
Rohingya-Flüchtlinge, die mittlerweile Bangladesch erreicht haben, berichten, Soldaten, Polizei und Mobs ihrer buddhistischen Nachbarn hätten sie attackiert und ihre Dörfer abgefackelt. Die Sicherheitskräfte behaupten, die Flüchtlinge hätten fast 2000 Häuser selbst in Schutt und Asche gelegt, bevor sie sich nach Bangladesch davonmachten. Die Regierung mit ihrer De-facto-Chefin Aung San Suu Kyi beschuldigte unterdessen internationale Hilfsorganisationen, die Rebellen mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Inzwischen dürfen keine Helfer mehr in das Konfliktgebiet.
Die Streitkräfte Myanmars sind offenbar fest entschlossen, an ihrem Kurs der verbrannten Erde festzuhalten. Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi schweigt trotz eines emotionalen Appells der pakistanischen Friedensnobelpreisträgerin Malala Yussufzai an ihre Menschlichkeit.
Dabei schlägt die gegenwärtige Rohingya-Krise just zum islamischen Opferfest Eid al-Adha längst weltweite Wellen. Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu forderte Bangladesch auf: „Lasst alle Rohingya-Flüchtlinge rein. Wir zahlen die Kosten.“ Dhaka weigerte sich zunächst, die Heimatvertriebenen aufzunehmen, kapitulierte inzwischen aber vor der Flüchtlingswelle. Indonesien schickte seine Außenminister mit der Bitte nach Myanmar, das Land solle unbedingt alle Gesprächskanäle offen halten. Der Konflikt in dem schmalen Landstreifen nahe Bangladesch bedroht mittlerweile gar die wacklige Einheit der seit 50 Jahren bestehenden südostasiatischen Staatenvereinigung ASEAN auszuhebeln. „Die Allianz könnte entlang ihrer religiösen Unterschiede zerreißen“, warnte der frühere ASEAN-Generalsekretär Surin Pitsuwan.
Staaten wie Malaysia und Indonesien sowie Pakistan mit einer islamischen Bevölkerungsmehrheit plädieren gegenwärtig lautstark für eine bessere Behandlung der Rohingya – weil radikale Gruppen wie Taliban, al-Kaida und der „Islamische Staat“ (IS) ungeniert Propaganda mit dem Schicksal der Rohingya betreiben. Mehrheitlich buddhistische Länder wie der Myanmar-Nachbar Thailand mit seiner Militärjunta halten sich dagegen auffallend mit Forderungen an Aung San Suu Kyi zurück.