Düsseldorf. 780 Salafisten werden aktuell vom Verfassungsschutz als „gewalttätig“ eingestuft. 244 von ihnen stehen als „Gefährder“ unter Beobachtung.

Die Zahl der gewaltbereiten Salafisten in NRW hat sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdreifacht. Derzeit zählen rund 2900 Personen zur neosalafistischen Szene in NRW, fast die Hälfte ist zwischen 20 und 30 Jahren alt. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Verena Schäffer hervor.

780 Salafisten werden demnach aktuell vom Verfassungsschutz als „gewalttätig“ eingestuft. 244 von ihnen stehen als „Gefährder“ unter Beobachtung. Auch die Zahl der Gefährder ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. 2012 galten nur 28 Salafisten als „Gefährder“ (2016: 195). Schätzungen des Innenministeriums zufolge hält sich etwa ein Drittel von ihnen derzeit in NRW auf.

Immer weniger Salafisten aus NRW reisen aus

Seit Anfang des Jahres werden in der Kriminalitätsstatistik erstmals auch speziell salafistisch motivierte Taten aufgeschlüsselt. Seit Januar wurden 15 Fälle in NRW bekannt.“ Sechs dieser Straftaten konnten bis dato aufgeklärt und dabei sieben Tatverdächtige ermittelt werden“, heißt es in der Antwort des Innenministeriums. Bei den Tatverdächtigen handele es sich um Männer im Alter von 23 bis 40 Jahren.

Gleichzeitig lässt sich nach Einschätzung der Grünen-Innenexpertin Schäffer innerhalb der salafistischen Szene ein neuer Trend feststellen: Während die Zahl der islamistisch motivierten Terroranschläge in Europa zunimmt, reisen immer weniger Salafisten aus NRW aus, um die Terrormiliz IS beispielsweise in Syrien zu unterstützen. Noch im Jahr 2013 verließen 102 Salafisten NRW. 2016 wurden nur sieben Ausreisen festgestellt. In diesem Jahr gab es laut Ministerium noch keine Ausreise.

Deutsche Staatsbürger größte Gruppe innerhalb der gewaltbereiten salafistischen Szene

Entgegen häufiger Annahmen bilden nicht Ausländer, sondern deutsche Staatsbürger die größte Gruppe innerhalb der gewaltbereiten salafistischen Szene. Etwa 60 Prozent haben laut Innenministerium einen deutschen Pass. Unter den besonders beobachteten Gefährdern sind es sogar 64 Prozent. Die Fraktion der Grünen im Landtag beantragt daher einen Ausbau der Prävention. „Das Problem besteht innerhalb der deutschen Gesellschaft“, sagte die innenpolitische Sprecherin Verena Schäffer.

Das Thema Salafismus-Prävention müsse daher zum festen Bestandteil von Schule, Jugend und Sozialarbeit werden. Neben der bestehenden Aussteigerstelle beim Verfassungsschutz, müsse ein zweites Aussteigerprogramm in freier Trägerschaft eingerichtet werden. Zudem fordern die Grünen den verstärkten Einsatz von Streetworkern und die Einrichtung eines Forschungsinstitutes, das die genauen Radikalisierungsverläufe beobachte und wissenschaftlich untersuche, auf welchem Wege sich die vorwiegend jugendlichen Muslime radikalisieren.

Mit ihrem Antrag knüpfen die Grünen an die Ergebnisse einer interministeriellen Arbeitsgruppe an: Bereits unter der rot-grünen Vorgänger-Regierung war ein Handlungskonzept zur Bekämpfung des gewaltbereiten verfassungsfeindlichen Salafismus auf den Weg gebracht worden. Ein erster Zwischenbericht, der Präventionskonzepte beschreibt, wurde Ende März dieses Jahres vorgestellt. Die Grünen wünschen sich von der neuen schwarz-gelben Landesregierung eine Umsetzung dieser Konzepte.