Washington. Lange Zeit war darüber gerätselt worden, nun ist es heraus: US-Präsident Donald Trump hat ein stärkeres Engagement der amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan angekündigt. Dabei will er auch die Verbündeten in die Pflicht nehmen.
Lange Zeit war darüber gerätselt worden, nun ist es heraus: US-Präsident Donald Trump hat ein stärkeres Engagement der amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan angekündigt. Dabei will er auch die Verbündeten in die Pflicht nehmen.
Wie ist die Ausgangsposition?
Der Einsatz in Afghanistan läuft seit Oktober 2001 - eine Konsequenz aus den Terroranschlägen vom 11. September. Die Drahtzieher um Al-Kaida-Chef Osama Bin Laden agierten aus Afghanistan heraus. Seither sind mehr als 2400 US-Soldaten ums Leben gekommen. Insgesamt starben 150 000 Menschen. Amerika hat bisher über 800 Milliarden Dollar ausgegeben. Derzeit stehen 8500 US-Soldaten und knapp 5000 Kräfte anderer Bündnispartner im Land, darunter 1000 Bundeswehrsoldaten. Das Pentagon will in einem ersten Schritt 4000 US-Soldaten zusätzlich schicken.
Was ist neu bei Trump - oder hört sich neu an?
Abzugsdaten für Truppenkontingente, mit denen Trump-Vorgänger Obama zum Leidwesen seiner Generäle agiert hatte, gibt es nicht mehr. Sie nützten nur dem Feind, sagte Trump, „wir wollen unberechenbar sein“. Ausschließlich die Zustände am Boden sollen über die Dauer des Engagements Amerikas bestimmen. Weil Trump die Erfolgskriterien nicht definiert hat, steht das Zeitfenster weit offen. Trump will Pakistan stärker in die Pflicht nehmen. Die Regierung in Islamabad soll diplomatisch und wirtschaftlich gezwungen werden, die Rückzugsräume der Taliban und des global kriminell aktiven Hakkani-Netzwerks in den Grenzregionen zu Afghanistan zu schließen. Wie Trump den hoch anfälligen Atomstaat zur Räson bringen will, ist Experten „schleierhaft“.
Wie begründet Trump seine Kehrtwende?
Mit der Last und der Verantwortung des Präsidentenamtes. Um zu verhindern, dass Afghanistan wieder vollständig in die Hände von Terroristen fällt und wie vor 2001 ein Sicherheitsrisiko für Amerika wird, habe er seinen Instinkt, der ihm zum Truppenabzug geraten habe, ignoriert und auf die Empfehlungen seiner Top-Militärs gehört. Es soll sich nicht wiederholen, was 2011 nach dem übereilten Rückzug aus dem Irak geschah: der Aufstieg des „Islamischen Staats“ (IS). Ein symbolisch wichtiges Detail: John Kelly, Ex-General und jetzt Stabschef Trumps, hat in Afghanistan einen Sohn verloren. Schon darum, sagen Insider, war ein Totalabzug illusorisch.
Warum ist der Schwenk für Trump heikel?
Er hatte über Jahre massiv gegen den Krieg Front gemacht, die „Verschwendung“ von Milliardensummen beklagt, die Verantwortlichen in Kabul als „unzuverlässig und undankbar“ gebrandmarkt und den Totalabzug der US-Soldaten gefordert. Mit dieser Linie bestritt er auch den Wahlkampf. Mit der Rolle rückwärts geht der Präsident das Risiko eines fortschreitenden Vertrauensverlustes ein.
Welche offenen Fragen bleiben?
Trump behauptet: „Unser Einsatz ist nicht unbeschränkt, unsere Unterstützung kein Blankoscheck.“ Nachvollziehbare Kriterien für die Erfüllung der pauschal formulierten Ziele („Unsere Feinde angreifen, den IS auslöschen, al-Kaida zerquetschen, die Taliban davon abhalten, Afghanistan zu übernehmen und Terror-Anschläge gegen Amerika verhindern, bevor sie geschehen“) nannte Trump nicht. Das gilt auch für seine neue Losung, die auf eine Umwidmung in einen Kampfeinsatz hinausliefe: „Wir bauen nicht wieder eine Nation auf, wir töten Terroristen.“ Für viele Nato-Truppensteller ist die Zeit eines Kampfeinsatzes lange vorbei. Sie konzentrieren sich auf die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte, Hilfen bei der Stabilisierung besonders gefährdeter Regionen sowie Erhalt und Ausbau ziviler Projekte wie Schulen, Straßen und Energieversorgung.