Essen. Recep Erdogan, Präsident der Türkischen Republik, hat die “Republik“ aus seinen Social-Media-Profilen gestrichen. Kritiker fürchten Autokratie.

Recep Tayyip Erdogan ist der zwölfte Präsident der Türkischen Republik. So stand es bisher auch auf seinen "digitalen Visitenkarten", den Kurzbeschreibungen seiner Profile auf Facebook und Twitter. Doch wie es scheint gefällt dem machtbewusstem Politiker an diesem Umstand etwas nicht. Eine vermeintliche Kleinigkeit nur, die bei oberflächlicher Betrachtung gar nicht auffällt. Eine Kleinigkeit jedoch, die für einige seiner Kritiker von staatstragender Bedeutung ist.

Irgendwann in den vergangenen Wochen hat jemand in Erdogans Social-Media-Team eine Änderung seines Profils vorgenommen. Auf Facebook und Twitter ist nun nicht mehr die Rede davon, dass der 63-Jährige "Präsident der Türkischen Republik" ist, sondern schlicht nur noch "Präsident der Türkei." Dass diese Änderung nicht auf Geheiß des Chefs persönlich vorgenommen wurde, ist kaum vorstellbar. Erdogan will der Präsident der Türken sein, nicht der Präsident der Türkischen Republik. Bei Twitter wurde diese Änderung zwischen dem 7. und 15. Juli vorgenommen, wie Recherchen dieser Redaktion belegen. In dem Titelbild seiner Facebook-Seite trägt Erdogan seit dem 17. Juli nicht mehr den Zusatz "Republik". In vorherigen Titelbildern stand entweder "Präsident der Republik Türkei" oder es war gar kein Text in das Bild integiert.

Erdogans Visionen seiner "Neuen Türkei"

Für viele Oppositionelle ist die Änderung der Social-Media-Profile ein weiterer Affront und eine Drohung. Erdogan bastelt an seiner "Neuen Türkei", die er und seine Parteifreunde seit dem abgewendeten Putsch im vergangenen Jahr immer wieder beschwören. "Die Neue Türkei ist eine Diktatur", entgegnen viele, wie etwa der Chef der größten Oppositionspartei CHP.

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Die "Neue Türkei" wird seit dem Putschversuch im Notstand regiert. Es ist das Land in dem Tausende Menschen unter Terrorverdacht festgenommen und aus dem Staatsdienst entlassen wurden. Die "Neue Türkei" ist das Land, in dem Zeitungs-, Fernseh- und Radioredaktionen geschlossen oder unter staatliche Kontrolle gebracht werden. Ein Land, in dem auch ausländische Journalisten und Menschenrechtler als Terroristenunterstützer diffamiert und eingesperrt werden. Die "Neue Türkei" ist ein Land, das sogar einige seine eigenen Staatsangehörigen an den Landesgrenzen abweist und zurückschickt, wenn sich diese kritisch gegenüber den Staatspräsidenten geäußert haben. Es gibt sogar eine staatliche Denunziations-Hotline, die eingerichtet wurde, damit jeder Staatsfeinde melden kann.

Die Türkei wäre keine "Republik" mehr

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Türkei-Experten warnen schon lange davor, dass Erdogan beabsichtigt, eine Türkei aufzubauen, die sich von den frühen kemalistischen Wurzeln entfernt und sich der osmanischen Tradition annähert. Der Umbau des Staates zu einem Präsidialsystem sei da erst der Anfang gewesen. "Die Neue Türkei wird ein autokratisches Regime", schreibt etwa der Türkei-Kenner Mahir Tokatli in einer neuen Analyse. Den Namenszusatz "Republik" hätte das Land dann wohl ohnehin nicht mehr verdient.

* Eine Republik ist eine Staatsform, bei der die Regierenden für eine bestimmte Zeit vom Volk oder von Repräsentanten des Volkes gewählt werden. Die Wähler sind in einer Republik der eigentliche Inhaber der souveränen Macht.