Düsseldorf. Nathanael Liminski ist Deutschlands jüngster Staatskanzlei-Chef. Der Vertraute des neuen Ministerpräsidenten ist erst 31.

Als Nordrhein-Westfalens neuer Ministerpräsident Armin Laschet in der vergangenen Woche die Kabinettsliste im Saal der Landespressekonferenz präsentiert, beobachtet ihn seine wichtigste Personalie aus dem Winkel eines kleinen Vorraums, eingeklemmt zwischen Feuerlöscher, Tontechnikern und Ordnungsdienst. Nathanael Liminski hält sich gerne im Hintergrund, wenn Laschet spricht.

Lange war er eine Art Schattenmann des neuen Regierungschefs. Wo Laschet auftrat, war Liminski nicht weit. Er kannte alles, analysierte alles, sagte öffentlich aber nichts. Damit ist es nun vorbei. Laschet beförderte Liminski zum Chef der Staatskanzlei im Range eines Staatssekretärs. Mit erst 31 Jahren ist er der jüngste Leiter einer Regierungszentrale in Deutschland. Auch Herkunft und Werdegang heben ihn ab vom Typus des Apparatschiks, dem sonst Staatskanzleien anvertraut werden.

Achtes von zehn Kindern

Als Laschet vor drei Jahren Liminski zum Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion machte, irritierte das viele in Düsseldorf. Der Politologe und Historiker mit Auslandssemester an der Pariser Universität Sorbonne ist achtes von zehn Kindern der erzkatholischen Vorzeigefamilie Liminski aus Sankt Augustin. Sein Vater war Moderator beim Deutschlandfunk, Mitglied der konservativen Laienorganisation Opus Dei und trat öffentlich immer wieder mit streitbaren theologischen Thesen auf. Liminski junior saß bereits mit 21 im Talk-Sessel bei „Maischberger“ und argumentierte gegen Sex vor der Ehe. Aufmerksamkeit erzielte er auch beim Kölner Weltjugendtag 2005 als Mitbegründer der papsttreuen Organisation „Generation Benedikt“.

„Wie passt der zu Laschet?“, fragte mancher in der Landtagsfraktion. Laschet ist zwar gläubiger Katholik, war Chefredakteur der Kirchenzeitung im Bistum Aachen und saß jahrelang im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Doch gilt er als liberaler Vertreter eines rheinischen Katholizismus des „Leben und leben lassen“.

Wer Liminski in seinem Landtagsbüro besuchte, erlebte keinen Leiter einer Glaubenskongregation, sondern einen effizienten Manager des Politikbetriebs. Das Sakko legt er gerne ab, krempelt die Ärmel des Hemds auf und wühlt sich durch Berge von Unterlagen. Wenn der Landtag ins Wochenende dämmerte, brannte bei Liminski garantiert noch Licht. Er redet druckreif und oft witzig, erkennt politische Fallstricke, kann komplexe Sachverhalte strukturieren. Seine katholische Haltung, sein Leben als junger Vater von drei Kindern – Liminski drängt es niemandem auf. „Ich bin katholisch, aber kein Fanatiker“, hat er einmal gesagt.

„Armin hat ein Auge für gute Leute“, meint ein erfahrener CDU-Stratege. Laschet hat einst Integrations-Staatssekretärin Serap Güler entdeckt oder Heimatministerin Ina Scharrenbach gefördert. Liminski wurde ihm aus Berlin empfohlen. Dort hatte er sich bereits in jungen Jahren als Redenschreiber des früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch einen Namen gemacht und war schnell in den Leitungsstab des Bun­desinnenministeriums aufgerückt.

Laschet und Liminski wurden trotz des Altersunterschieds von 25 Jahren zu Duzfreuden. Der Ministerpräsident scheint davon zu profitieren, dass sein Chefstratege in vielerlei Hinsicht das glatte Gegenteil von ihm ist. Während Laschet als risiko- und konfliktscheu gilt, hält Liminski Konfrontation gut aus. Wer als Student öffentlich gegen Sex vor der Ehe streitet, läuft nicht dem Mainstream hinterher. Während Laschet immer schwarz-grüner Grenzgänger war, gehört Liminski zu den Vordenkern konservativer Zirkel. Während Laschet sich in Begeisterung für Begegnungen oder Bücher verlieren kann, wirkt Liminski wie eine politische Präzisionsmaschine.

Dass er einmal in der Spitzenpolitik mitmischen würde, hatten ihm jedenfalls bereits die Mitschüler des Ordensgymnasiums in der Abizeitung prophezeit.