Gelsenkirchen. Bundeskriminalamt warnt vor Kombination von „Schrottimmobilien“ und Leistungsmissbrauch. Gelsenkirchen hat bereits 30 Mietshäuser dicht gemacht.
In der einstigen „Stadt der tausend Feuer“ hat Eingliederung von Migranten „immer über die Arbeit“ funktioniert, sagt Uwe Gerwin. Aber das ist Industriegeschichte. So läuft das nicht mehr. Der für Zuwanderung und Integration zuständige Referatsleiter der Stadtverwaltung erzählt von der vermeintlichen Putzfirma, die in einem zuvor unbewohnbar erklärten Haus im Stadtteil Bulmke-Hüllen ihren Sitz hatte. In ihren Unterlagen fand der kommunale Ordnungsdienst Verträge über 70 Mini-Jobs. „Das konnte nicht sein“, sagt Gerwin. Es sind Scheinverträge.
Wieder so ein Fall von Ausbeutung der eigenen Landsleute und wohl auch der Sozialkassen des Gastlandes. Einer von vielen. 6500 Menschen aus Rumänien und Bulgarien leben in Gelsenkirchen. Die Hälfte von ihnen bezieht Hartz IV. 43 Prozent sind Kinder und Jugendliche. 90 Prozent haben keine Ausbildung.
Billiger Wohnraum wirkt wie ein Magnet
Gibt es dann ganz billigen Wohnraum wie hier oder auch in Duisburg-Marxloh, in der Dortmunder Nordstadt oder in Herne, wirkt das als Magnet auf die „EU Ost“ genannten Zuwanderer, die seit dem Beitritt ihrer Länder zur Gemeinschaft die Freizügigkeit der Arbeitsplatzwahl haben und damit auch den Anspruch auf die Sozialleistungen im jeweiligen EU-Land. Es ist aber auch das Einfallstor für die Armut und die Kriminalität, die sich aus der Kombination von „Schrottimmobilien“und Leistungsmissbrauch zusammenbaut. Es ist das, vor dem das Bundeskriminalamt jetzt so deutlich warnt.
„EU Ost“ heißt auch das Interventionsteam der Stadt, eine der Abwehrwaffen gegen diese Entwicklung. Einmal im Monat ziehen sie in großer Stärke los. Beamte aus mehreren städtischen Ämtern, dazu Leute der Familienkasse, vom Zoll, vom Jobcenter und manchmal auch von der Polizei „mit einer halben Hundertschaft“. Das Ziel dieser regelmäßigen und zwischen den betroffenen Ruhrgebietsstädten verabredeten „Objektprüfungen“: Verdächtige Mietshäuser.
Mieter und Vermieter ziehen weiter
30 Häuser hat die Gelsenkirchener Truppe schon dicht gemacht. Meist aus hygienischen und bautechnischen Gründen. Die Mieter und ihre Vermieter ziehen dann weiter, vielleicht anderswo hin ins nördliche Revier. „Merkwürdig, dass keiner der Eigentümer bisher dagegen geklagt hat“, sagt Uwe Gerwin. Entscheidend für die Stadt ist, dass die „Schrottimmobilie“ vom Markt verschwindet. Vielleicht wirkt das ja. Die Zuwanderung nach Gelsenkirchen aus Südosteuropa stagniert seit einem Jahr.