Düsseldorf. Besonders betroffen vom fortschreitendem Artensterben sind Insekten, Feldhamster und einige Vögel. Appell an die neue Landesregierung.
Der Naturschutzbund Nabu in NRW warnt vor „dramatischen Konsequenzen“ durch das fortschreitende Insektensterben. Bestandseinbrüche bei Mauerseglern, Schwalben und vielen anderen Vogelarten, die sich von Insekten ernähren, seien zu erwarten. „Wir beobachten einen Rückgang bei Schmetterlingen, Fliegen, Käfern und anderen Fluginsekten von 80 Prozent in den vergangenen 20 Jahren“, sagte Nabu-Landeschef Josef Tumbrinck bei der Vorstellung des Nabu-Jahresberichts im Landtag. Die Situation habe sich zwischen 2016 und 2017 nicht verbessert und sei inzwischen äußerst besorgniserregend.
Beim Insektensterben handelt es sich um ein globales Problem. Nach Einschätzung des Naturschutzbundes liegt das weniger an klimatischen Veränderungen als am Einsatz von so genannten Neonicotinoiden und vergleichbaren Insektiziden in der Landwirtschaft, zum Beispiel bei der Rapsbeize. Nabu NRW appelliert an die Bauern, aber auch an private Gartenbesitzer, auf den Einsatz von Giftspritzen zu verzichten.
Forscher sollen für Nachzucht der Feldhamster sorgen
Das Artensterben in Nordrhein-Westfalen geht weit über die Insekten hinaus. Praktisch ausgestorben ist der Feldhamster, auch dies führen die Naturschützer auf die intensive Landwirtschaft mit Monokulturen sowie hohem Pestizid- und Düngereinsatz zurück. Alle bisherigen Schutzinitiativen für diese Nagetiere seien gescheitert, erklärte Tumbrinck. Die letzten fünf im Bereich Zülpich aufgefundenen Feldhamster wurden vor kurzem Experten in den Niederlanden übergeben. Die Forscher dort sollen für eine erfolgreiche Nachzucht sorgen. Bestände von Rebhuhn, Feldlerche und Kiebitz befänden sich in NRW „im freien Fall“, bilanziert der Nabu.
Früher bei uns heimische Arten wie Fischotter, Wolf, Biber, Kranich und Seeadler kehrten dagegen nach NRW zurück. Jagdverbote tragen den Naturschützern zufolge besonders dazu bei, dass diese Tiere hierzulande wieder eine echte Perspektive hätten. Am Niederrhein sei „zum ersten Mal seit Menschengedenken“ wieder ein Seeadler-Paar heimisch geworden, sagte Tumbrinck.
Erste Gespräche seien vielversprechend gewesen
Der Koalitionsvertrag von CDU und FDP lässt den Nabu befürchten, dass NRW „verlorene Jahre“ für Ökologie und Klimaschutz drohten. „Ein Weiter-so in der Landwirtschaft ist aus unserer Sicht absolut weltfremd, ungebremster Flächenverbrauch schadet Landwirtschaft und Naturschutz und massive Restriktionen für den Ausbau der Windenergie sind das falsche Signal“, sagte der Landesverbands-Vorsitzende. Ein erstes Gespräch des Nabu mit der neuen Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking (CDU) und Staatssekretär Heinrich Bottermann in dieser Woche sei aber vielversprechend gewesen.
Die Ministerin, die im Münsterland selbst einen konventionellen Schweinezucht-Betrieb bewirtschaftet, habe „positive Signale“ gesendet und sei erkennbar offen auch für den Rat von Natur- und Umweltschützern. Landwirte hätten „Wertschätzung“ verdient, gegen sie sei das Ziel eines besseren Naturschutzes nicht zu erreichen. Die unterschiedlichen Lager müssten künftig „abseits von Lobbyinteressen“ aufeinander zugehen.
Gute Erfahrungen mit dem Bundesfreiwilligendienst
Äußerst gute Erfahrungen macht der Nabu NRW mit dem Bundesfreiwilligendienst. Seit 2011 haben rund 500 junge Menschen ihren Freiwilligendienst bei Ehren- und Hauptamtlichen des Verbandes geleistet – Tendenz steigend.
Echte Fortschritte habe auch das neue Naturschutzgesetz in NRW gebracht. „Der Nabu hat viele Jahre dafür gekämpft. Es ist angesichts der immer weiter voranschreitenden Verarmung unserer Umwelt auch bitter nötig“, so Tumbrinck.
>>>> Der Naturschutzbund Nabu in NRW ist mit fast 80 000 Mitgliedern größter Naturschutzverband im Land. In Deutschland hat der Nabu mehr als 600 000 Mitglieder und Förderer.
Seinen Ursprung hat der Verband im Jahr 1899. Damals gründete Lina Hähnle den „Bund für Vogelschutz“. Seit 1971 bestimmt der Nabu den „Vogel des Jahres“.