Berlin. Die „Ehe für alle“ ist beschlossene Sache: Der Bundestag verabschiedete das umstrittene Gesetz zur Gleichstellung am Freitagmorgen.
In Deutschland gilt künftig die völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe. Eine Mehrheit der Bundestagsabgeordneten stimmte am Freitag für das entsprechende Gesetz. Bei 623 abgegebenen Stimmen votierten 393 Abgeordnete dafür, 226 dagegen. Vier Abgeordnete enthielten sich. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmte gegen das Gesetz.
Von 303 Unionsabgeordneten stimmten 75 für die „Ehe für alle“. SPD, Grüne und Linkspartei votierten jeweils geschlossen dafür.
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SPD, Grüne und Linke hatten am Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestags gegen die Stimmen der Union durchgesetzt, dass das Thema noch in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt wurde. Die Union fühlt sich überrumpelt von dem im Schnellverfahren angesetzten Tagesordnungspunkt und warf dem Koalitionspartner SPD „Vertrauensbruch“ vor.
Merkel: Ein Stück gesellschaftlicher Frieden
Bislang dürfen Homosexuelle eine Lebenspartnerschaft amtlich eintragen lassen, aber nicht heiraten. Der wichtigste Unterschied ist, dass Lebenspartner gemeinsam keine Kinder adoptieren dürfen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte in einem Statement nach der Debatte, es sei ihre „Grundüberzeugung“, dass der grundgesetzliche Schutz der Ehe „die Ehe von Mann und Frau beinhaltet“. Gleichwohl sei mit der Verabschiedung des Gesetzes „ein Stück gesellschaftlicher Frieden und Zusammenhalt geschlossen“ worden, so die Kanzlerin.
Oppermann: Darauf haben viele gewartet
Zu Beginn der teilweise sehr emotionalen Debatte hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert gemahnt: „Es wäre schön, wenn in der Debatte der wechselseitige Respekt sichtbar wäre, den beide Seiten verdienen.“
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann eröffnete die Debatte. „Die Öffnung der Ehe ist ein wichtiger gesellschaftspolitischer Fortschritt. Darauf haben vielen Menschen in diesem Land lange gewartet“, erklärte er. Die Abstimmung sei „vielleicht nicht gut für die Koalition, aber gut für die Menschen“. Durch die „Ehe für alle“ werde „vielen etwas gegeben, aber niemandem etwas genommen“.
Kahrs: Das Verschwurbeln steht mir bis hier
Schärfe brachte der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs in die Debatte. Er warf Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, die Debatte über die „Ehe für alle“ jahrelang verschleppt zu haben. Dadurch habe sie „die Diskriminierung von Schwulen und Lesben“ unterstützt. Das Verhalten der Union bei dem Thema sei „erbärmlich und peinlich“. Kahrs weiter: „Das ganze Verschwurbeln, es steht mir bis hier.“ Die Rede brachte Kahrs scharfe Kritik von der Union ein – etwa von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) via Twitter:
Kauder: Zur Ehe gehören Mann und Frau
CDU-Fraktionschef Volker Kauder betonte, er habe „Respekt vor beiden Seiten“ in der Diskussion. Er selbst sei der Meinung, „dass die Ehe die Verbindung von Mann und Frau ist“. Er habe für sich „eine Gewissensentscheidung getroffen“ und werde gegen das Gesetz stimmen. Der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak sprach sich dagegen für das Gesetz. „Das Verständnis von Ehe hat sich in den vergangenen Jahren fundamental gewandelt“, argumentierte er. „An diesen Veränderungen kann die Politik nicht vorbeigehen.“
Beck: Ein großer Tag für Schwule und Lesben
Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte, mit der „Ehe für alle“ bedeute „ein Stück weit Normalität in diesem Land“. Er forderte die Abgeordneten auf, „für Gleichheit und für die Liebe abzustimmen“.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte die Abstimmung einen „historischen Moment, lassen Sie uns Geschichte schreiben“. Es gehe „um die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz. Es ist genug Ehe für alle da“. Grünen-Politiker Volker Beck, einer der Vorkämpfer der „Ehe für alle“, sagte, „alles andere als Gleichberechtigung ist Diskriminierung. Heute ist ein großer Tag für Schwule und Lesben“.
Scharfe Töne kamen von der AfD. Parteichefin Frauke Petry warf der CDU via Twitter vor, sie habe aus machtpolitischem Kalkül gehandelt.