Essen. . Städte klagen über ausufernde Ausgaben für Asylbewerber, die trotz einer Ablehnung länger in den Kommunen bleiben. Land lehnt Forderung nach Kostenerstattung ab.

Zwischen den Städten in NRW und der Landesregierung ist ein neuer Streit um die Übernahme der Kosten für nicht anerkannte Asylbewerber entbrannt. Die Kommunen klagen über Millionenbeträge für die Versorgung von geduldeten Flüchtlingen, die ihnen vom Land nicht erstattet würden. Die zusätzlichen Kosten würden die Haushalte massiv belasten.

Seit die Asylverfahren durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) inzwischen rascher abgewickelt werden, steige die Zahl nicht anerkannter Flüchtlinge in den Kommunen deutlich an. Für abgelehnte Asylbewerber aber zahlt das Land nur drei Monate nach Ende des Verfahrens weiter Geld an die Kommunen. Verbleibt der abgelehnte Asylbewerber darüber hinaus in der Stadt, trägt diese die Kosten dafür alleine.

Kommunen rechnen mit Millionen-Ausgaben

Die Stadt Essen rechnet vor, dass sie Monat für Monat auf Kosten von gut zwei Millionen Euro für diesen Personenkreis sitzen bleibe. Stand März hätten demnach 2400 Personen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen, für die keine Kosten vom Land übernommen worden seien. Bei einer Erstattung von 866 Euro pro Person und Monat summiere sich dies auf eine „Mindereinnahme“ von 2,078 Millionen Euro im Monat. Ein großer Teil der 2400 Personen stamme aus sicheren Herkunftsstaaten oder seien zum Teil langjährig Geduldete.

Die Stadt Dortmund geht für 2017 von einer „ungedeckten Belastung“ von rund 17 Millionen Euro aus. Derzeit seien 1416 Menschen aus über 50 Ländern ausreisepflichtig, teilt die Stadt auf Nachfrage mit. Sie könnten aus unterschiedlichen Gründen das Land nicht binnen der Drei-Monats-Frist verlassen. Zum Teil gebe es gesundheitliche Probleme, manche stellten Asylfolgeanträge oder die Identität sei ungeklärt, so die Stadt. Bochum zählt derzeit rund 1200 ausreisepflichtige Personen, die im Besitz einer Duldung sind. Die Stadt kalkuliere hier mit insgesamt etwa 8,7 Millionen Euro in diesem Jahr.

Klage über Drei-Monats-Frist

Rückendeckung erhalten die klagenden Kämmerer vom Städte- und Gemeindebund NRW. Auf die Städte rolle eine Kostenlawine zu, warnt der kommunale Spitzenverband. Die Kommunen verfügten nicht über die Mittel, um Flüchtlinge ohne Asylgrund dauerhaft zu betreuen. „Wir erwarten eine komplette Kostenübernahme für die Zeit, in der die Menschen in den Kommunen sind“, sagte Michael Becker, Experte für Asylrecht beim Städte- und Gemeindebund.

Bei manchen Geduldeten dauere es Jahre bis zur Ausreise. Die Rückführung dieser Personen in ihre Heimatländer müsse von Land und Bund organisiert werden. „Mit dieser Aufgabe sind die kommunalen Ausländerbehörden schlichtweg überfordert“, sagte kürzlich Eckhard Ruthemeyer, Präsident des Städtebunds NRW.

Seit Beginn des Jahres wurde die Zahlung des Landes an die Kommunen von einer jährlichen Pauschale in Höhe von 10 000 Euro pro Flüchtling auf eine monatliche Berechnung von 866 Euro pro Flüchtling umgestellt. Dies war von den Kommunen gefordert worden, weil die Pauschale die tatsächlichen Flüchtlingszahlen nicht exakt berücksichtige. Doch mit der Einführung der Pro-Kopf-Berechnung fällt den Kommunen die bestehende Drei-Monats-Regelung offenbar erst richtig auf. Nun fordern sie eine unbefristete Kostenübernahme durch das Land.

Land weist Forderungen zurück

Das Innenministerium weist das entschieden zurück. Mit der neuen Zahlungsregelung habe das Land dem Wunsch der kommunalen Spitzenverbände entsprochen, betont das Ministerium. Auch die jetzt kritisierte Drei-Monats-Regel sei bekannt gewesen. Das Land habe den Kommunen 2016 insgesamt 4,6 Milliarden Euro für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen überwiesen.

Die Städte sollten ihrerseits die Anstrengungen zu rascheren Abschiebungen erhöhen und Akten auf „unplausible Duldungsfälle“ überprüfen. Hier seien die Ausländerbehörden gefragt, die vom Land bei den Rückführungen unterstützt würden. Das Ministerium vermutet ein „Vollzugsdefizit“ vor Ort. So seien Abschiebungen etwa in die Westbalkan-Staaten derzeit ohne weiteres möglich.

Zehntausende Geduldete in NRW

Nach Angaben des Innenministeriums leben 67 488 Ausreisepflichtige (Stand März) in NRW. Davon sind 48 576 im Besitz einer Duldung.

Die Duldung ist laut Aufenthaltsrecht eine „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“ von ausreisepflichtigen Ausländern. Sie stellt keinen Aufenthaltstitel dar und begründet daher keinen rechtmäßigen Aufenthalt. Geduldete sind daher weiterhin ausreisepflichtig.