Kabul. Ein Anschlag in Kabul hat viele Tote gefordert, die deutsche Botschaft wurde massiv beschädigt. Eine Sammelabschiebung wird verschoben.
- Bei einem Anschlag in Kabul sterben mindestens 80 Menschen
- Die Detonation ereignete sich in der Nähe der deutschen Botschaft
- Es ist der achte schwere Anschlag in der Stadt seit Jahresbeginn
Nach einem der schwersten Anschläge in der afghanischen Hauptstadt Kabul seit Jahren ist die Zahl der Toten auf mindestens 90 gestiegen. Zudem seien mehr als 350 Menschen als verletzt gemeldet worden, sagte Regierungssprecher Sedik Seddiki am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
Auch die deutsche Botschaft in Kabul ist bei der Explosion massiv beschädigt worden. An der Frontseite wurden unter anderem Dutzende Fenster eingedrückt. In dem Gebäude haben auch der Botschafter und sein Stellvertreter ihre Büros. Die deutsche Botschaft liegt rund 300 Meter vom Anschlagsort entfernt. Nach Angaben von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel wurde auch ein afghanischer Wachmann der deutschen Botschaft getötet. Zudem seien Bedienstete der Vertretung verletzt worden.
Abschiebeflug nach Afghanistan verschoben
Die für Mittwoch geplante neuerliche Sammelabschiebung in Deutschland lebender Afghanen ist vorerst vom Tisch. Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) teilte am Vormittag im Wiesbadener Landtag mit, er habe soeben eine entsprechende Mitteilung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière erhalten.
Bombenanschlag verwüstet Kabul
Demnach wurde die Abschiebung wegen des Anschlags in der afghanischen Hauptstadt mit Dutzenden von Toten gestoppt. Der neue Abschiebeflug sollte vermutlich von Frankfurt starten.
Zur Begründung hieß es laut Beuth, die Auswirkungen des Attentats ließen es derzeit nicht zu, ausreichende personelle und Sicherheitsvorkehrungen für die erwartete Ankunft der Abzuschiebenden zu treffen. Die Sammelabschiebung solle aber so bald wie möglich nachgeholt werden.
Bundespräsident Steinmeier: „Abscheulicher Akt“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Terroranschlag scharf verurteilt. In einer Kondolenz an den afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani schreibt Steinmeier von einem „abscheulichen Akt des Terrorismus“. Steinmeier schrieb an Ghani: „Bei unseren Bemühungen gegen den Terror werden wir auch in Zukunft zusammenstehen. Es ist meine Hoffnung, dass es uns gemeinsam gelingt, auf dem Weg zu Frieden und Sicherheit für alle Menschen in Afghanistan weiter voranzuschreiten.“
Auch Gabriel verurteilte den Anschlag auf das Schärfste. „Er traf Zivilisten, und er traf diejenigen, die in Afghanistan sind, um mit den Menschen dort an einer besseren Zukunft für das Land zu arbeiten. Dass diese Menschen zur Zielscheibe werden, ist besonders verachtenswert.“
Anschlag zur Hauptverkehrszeit
Der oder die Attentäter könnten für ihre Autobombe einen schwarzen Tanklastwagen für Wasser oder Abwasser benutzt haben, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Nadschib Danisch. „Aber weil die Explosion so schwer war, können wir das noch nicht mit Sicherheit sagen. Vom Tanker ist kaum noch etwas übrig.“ Bislang hat sich keine Gruppe zu der Tat bekannt. Es ist der achte schwere Anschlag in Kabul seit Jahresbeginn.
Die Explosion habe sich an einer viel befahrenen Straße zwischen der deutschen Botschaft und einem Sicherheitsposten am Sanbak-Platz ereignet, sagte Danisch. In den schwer gesicherten Vierteln stehen aber auch viele andere Botschaften, das Nato-Hauptquartier in Kabul und afghanische Ministerien. Tausende Mitarbeiter dieser Ministerien, von Botschaften und anderen Büros waren zur Zeit der Explosion um kurz nach 8.30 Uhr (Ortszeit) auf dem Weg zur Arbeit gewesen.
Mindestens 30 Fahrzeuge zerstört
Ein Hauptquartier von Afghanistans größter Telekommunikationsfirma Roshan liegt ebenfalls nahe des Anschlagsorts. Der Sender Tolo TV meldete, viele der Opfer seien Roshan-Mitarbeiter. Zudem sei die französische Botschaft bei dem Anschlag beschädigt worden, wie die französische Europaministerin Marielle de Sarnez im Radio Europe 1 sagte.
Die Straße ist eng und wird an beiden Seiten von hohen Sprengschutzmauern begrenzt. Die Wucht der Explosion habe mindestens 30 Fahrzeuge zerstört, sagte Ministeriumssprecher Danisch. Bilder zeigten eine von dichtem Rauch erfüllte Straße, mit zerrissenen Autowracks und blutigen Körpern.
Nato: „Barbarische Natur“
Die Nato-Mission hat die Bluttat am Mittwoch scharf verurteilt. Der Anschlag spiegele die „barbarische Natur“ der Täter und deren völlige Gleichgültigkeit gegenüber Zivilisten, erklärte das Hauptquartier des Einsatzes „Resolute Support“ in Kabul.
Zugleich lobte die Nato die lokalen Sicherheitskräfte, die sich dem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug entgegen gestellt hätten, bevor dieses mitten im schwer gesicherten Regierungs- und Diplomatenviertel explodierte. Die Nato-Mission ließ verlauten, man sei dabei zu überprüfen, wie es allen Nato-Mitarbeitern gehe. (dpa/epd)