Kempen/Wipperfürth. . Immer mehr Bauern stellen Automaten auf, in denen sie Lebensmittel verkaufen. Lohnt sich das? Ein Besuch.

Oben wird das Geld eingeworfen, über ein Zahlenfeld eine Nummer eingetippt und schon landet die eingeschweißte Grillwurst unten im Ausgabefach. Der Grillfleischautomat von Landwirt Axel Boves in Kempen versorgt Hungrige 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche mit Frischfleisch. Vor gut einem Jahr hat der Schweinemäster das Gerät auf seinem Bauernhof aufstellen lassen.

„Regionalität ist doch in aller Munde. Und immer mehr Menschen wünschen sich ihre Lebensmittel direkt vom Erzeuger - wir dachten, das ist eine echte Marktnische“, sagt Boves. Das Schweinefleisch von seinem Hof wird vom Metzger vor Ort verarbeitet. Was nicht selbst auf dem Hof hergestellt wird, kommt von Landwirten aus der Nachbarschaft.

„Die Leute wollen grillen“

Mittlerweile bezweifelt Boves allerdings, ob es den Kunden wirklich um das Fleisch glücklicher Tiere aus der Region geht. „Die Leute wollen grillen“, hat ihn die Erfahrung gelehrt. Scheint die Sonne, bilden sich an den Wochenenden lange Schlangen vor dem Häuschen, in dem der Automat steht. „Es läuft immer besser“, sagt Boves. Zwei Nackensteaks kosten 3,50 Euro, für zwei Rindersteaks zahlen Kunden 8,90 Euro. Und damit der Automat auch fernab der Grillsaison seinen Zweck erfüllt, werden im Winter Eintöpfe angeboten.

Eier- und Fleischautomaten seien derzeit im Trend, sagt Andrea Hornfischer vom Rheinischen Landwirtschafts-Verband. Ebenso die Milchtankstellen, an denen man rund um die Uhr Milch bekommen kann. Die Preiskrise im vergangenen Jahr habe den „Automaten-Boom“ befeuert. Genaue Zahlen gibt es nicht. Am weitesten verbreitet ist die Milch aus dem Automaten. Hornfischer schätzt, dass es in Nordrhein-Westfalen etwa 100 Milchtankstellen gibt. Eine Übersicht über andere Automaten mit Bauernhofprodukten gibt es nicht. Aber die Tendenz sei steigend.

Lebensmittel aus dem Automaten bieten den Landwirten ein Stück Freiheit. Sie machen sich damit vom Handel unabhängiger. Sie können die Preise selbst festlegen. Mit sinkenden Milchpreisen etwa begann der Aufstieg der Milchtankstellen. Entlastung bringen die Automaten den Landwirten aber auch an anderer Stelle. Sie müssen sich nicht nach den Ladenöffnungszeiten richten, kein Personal für den Verkauf abstellen. Davon leben können die Landwirte allerdings nicht.

„Das ist keine Goldgrube“, stellt Landwirt Boves klar. Der Fleischautomat habe ihn so viel wie ein Neuwagen gekostet. Grillfleisch, Salat und Eintöpfe sorgten für einen netten Zuverdienst. Boves kann sich vorstellen, dass noch andere Landwirte oder aber auch Metzger sich ähnliche Automaten zulegen. „Aber es wird den regulären Fleischverkauf nicht ersetzen“, sagt er.

Dass es nur für einen Zuverdienst reicht, hat auch Michael Schuster gemerkt. Vor rund eineinhalb Jahren hat er auf seinem Hof in Wipperfürth im Bergischen Land eine Milchtankstelle aufgestellt. Sie sei gefragt, sagt Schuster. An einem guten Tag fließen 100 Liter Rohmilch durch. Hinzu kommen Erlöse aus Käse, Eiern, Keksen, Milchflaschen und mit Getränkepulver gefüllten Shake-Flaschen, die Kunden im Automaten neben der Milchtankstelle ziehen können.

Die Automatenkosten hat Schuster aber noch nicht wieder reingeholt. „Vom Umsatz her: ja. Aber vom Gewinn noch nicht“, sagt er. Trotzdem ist er mit seinem Automaten zufrieden. „Ich habe es nicht bereut.“ Mittlerweile habe er viele Stammkunden. Sie kämen ein- bis zweimal die Woche mit ihren Milchflaschen an die Tankstelle.

Und ab und zu hat er auch außergewöhnliche Besucher. So wie die Discogänger, die spät in der Nacht nach dem Tanzen ihren Durst mit frischer Milch stillten.