Köln/Bonn. . Roncalli-Gründer Bernhard Paul ist 70 geworden. Seit 40 Jahren verzaubertder Clown und gewiefte Geschäftsmann das Publikum – und hat noch viele Pläne.

Er liebt den großen Auftritt, nicht nur in der Manege: Vor etwa 40 Jahren hat Bernhard Paul seinen Zirkus gegründet, den Circus Roncalli. Noch heute hält er dort das Zepter fest in der Hand. „Ich sehe mich als Feinkostladen, der mit auserwählten Artisten herumzieht, alles Spitzenleute“, sagt er. Und wonach werden diese Spitzenleute ausgesucht? „Ich sag es mal etwas egoistisch: Mir müssen sie gefallen.“ Kurz vor seinem 70. Geburtstag am gestrigen Samstag erschien Paul bei einem Treffen umtriebig wie eh und je.

Der Mann mit der markanten Mähne, dem Schnäuzer und der getönten Brille hat mit Roncalli Zirkusgeschichte geschrieben und gilt auch international als einer der Größten seines Fachs. An Spielorten in der ganzen Welt hat er gastiert – so zum Beispiel schon Mitte der 1980er Jahre als erster westdeutscher Zirkus in Moskau. Bei der Ankunft sei der Platz dort völlig verschlammt gewesen, erinnert er sich. „Da kam die Rote Armee und hat innerhalb von zwei Stunden den Platz für uns asphaltiert“, erzählt Paul und wirkt beim Gedanken daran noch heute begeistert.

Geboren im österreichischen Lilienfeld als Sohn eines Elektrikers, ist Paul schon als Kind ein leidenschaftlicher Zirkusfan. Am liebsten wäre er als Clown mit den Artisten von Stadt zu Stadt gezogen. Doch zunächst studiert er unter anderem Grafikdesign und arbeitet als Art Director bei einem Magazin. Sein Kindheitstraum lässt ihn aber nicht los. Und so kauft er 1975 einen alten Zirkuswagen. Am 18. Mai 1976 feiert der Circus Roncalli Premiere in Bonn.

Zusammen mit dem Multimedia-Künstler André Heller entwirft er ein neuartiges Konzept, das konventionelle Zirkus-Elemente mit Poesie und absurdem Theater verbindet. Nach der Trennung von Heller entwickelt Paul das Programm „Reise zum Regenbogen“, mit dem er in den 1980er Jahren den Durchbruch schafft. Als Clown Zippo tritt der Roncalli-Direktor regelmäßig selbst in der Manege auf.

Neben dem reisenden Zirkus setzt Paul auch auf feste Häuser. Unter anderem baut er das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Berliner Varieté „Wintergarten“ wieder auf. Er gründet das Düsseldorfer „Apollo“-Varieté, organisiert Weihnachtsmärkte und Shows mit anderen Künstlern.

Was das Herzstück, den Circus Roncalli, betrifft, plant Paul in Kürze einige Neuerungen. „Ab nächstem Jahr werden wir keine Tier-Nummern mehr haben“, kündigt er an. Das habe vor allem logistische Gründe, da die Shows immer aufwendiger würden und somit mehr Platz benötigt werde.

Zelte wieder in Bonn aufgeschlagen

Wildtiere gibt es bei Roncalli schon seit Jahrzehnten nicht mehr, wohl aber Ponys und Pferde. „Der Zeitgeist ist heute ein anderer, die Leute kommen nicht wegen der Ponys zu uns.“ Künftig wolle Roncalli sich noch stärker auf die Artistik konzentrieren. Das solle auch dadurch betont werden, dass der Circus Roncalli bald in „Circustheater Roncalli“ umbenannt werde.

An einem Projekt, das er selbst als „Krönung seines Lebenswerks“ bezeichnet, bastelt Paul schon lange: Er will in Köln, dem Stammsitz von Roncalli, ein Museum bauen, das die Geschichte des Zirkus, des Varieté und der Alltagskultur zeigen soll. Seine Sammlung von alten Kaufmannsläden, Karussells und Kostümen füllt mehrere Hallen.

Die Pläne für das Museum seien fertig, wenn es nach ihm ginge, könnte der Bau bald starten, sagt Paul. Bis es soweit ist, wird aber wohl noch einige Zeit vergehen: Zurzeit liefen die Verhandlungen über ein Grundstück, für das dann noch Planrecht geschaffen werden müsse, bremst eine Sprecherin der Stadt Köln den Enthusiasmus.

Zurzeit hat Roncalli seine Zelte wieder in Bonn aufgeschlagen – wo der Zirkus vor gut 40 Jahren Premiere hatte. Auch seinen 70. Geburtstag feierte Paul dort. An Ruhestand denkt er nicht. Und sollte er doch eines Tages kürzer treten, sei seine Nachfolge geregelt: „Meine drei Kinder stehen in den Startlöchern.“