Triumph für Armin Laschet und die CDU in NRW, Hannelore Kraft verliert und tritt zurück. Ein Kommentar von WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock.

Nordrhein-Westfalen wird künftig von Ministerpräsident Armin Laschet geführt. Wer das vor einigen Wochen vorausgesagt hätte, wäre im CDU-Lager als gnadenloser Optimist belächelt und auf SPD-Seite als hoffnungsloser Schwätzer abgetan worden. Doch nun ist es soweit. Laschet und seine Partei feiern einen Triumph von historischer Dimension und verursachen ein politisches Erdbeben in Deutschland. Denn von NRW gehen auch eindeutige Signale Richtung Bundestagswahl im Herbst aus. Während bei der Union im Land und in Berlin die Korken knallen, stürzt das schlechteste NRW-Ergebnis der Nachkriegsgeschichte die Sozialdemokraten in eine bundesweite Depression, die sich zu einer existenziellen Krise auswachsen kann.

WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock
WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock

Hannelore Kraft ist die große Verliererin des Wahltages. Sie hat es trotz der traditionellen SPD-Stärke in NRW, trotz ihres Amtsbonus’ und trotz ihrer höheren Beliebtheitswerte nicht geschafft, das Vertrauen der Wählermehrheit zu bekommen. Insofern handelte sie konsequent, als sie noch am Abend ihren Rücktritt und damit das Ende ihrer politischen Karriere bekanntgab – was die Dimension des Wahlergebnisses zusätzlich verdeutlicht. Die Ursachen sind zwar vielfältig, lassen sich in ihren Grundlinien aber dennoch klar aufzeigen.

Laschets richtige Wahlkampfstrategie

Rückblickend hat Armin Laschet alles richtig gemacht. Er setzte im Wahlkampf darauf, die CDU-nahen Wählerinnen und Wähler zu aktivieren, etwa am Niederrhein, in Südwestfalen, im Sauerland oder im Münsterland. Seine Wahlversprechen blieben zwar bis zuletzt eher diffus – mehr Sicherheit, weniger Staus, bessere Bildung –, das reichte aber, um die Unionswähler an die Urnen zu holen. Verstärkt wurde sein Vorgehen durch die Tatsache, dass sehr viele Menschen in Nordrhein-Westfalen der rot-grünen Landesregierung inklusive Ministerpräsidentin nicht mehr zutrauen, die wichtigen Probleme dieses Landes in der Wirtschafts-, Sicherheits- und Bildungspolitik zu lösen. SPD und Grüne wurden mit einer bisher nicht gekannten Wucht abgestraft. Das hat auch mit der falschen Wahlkampfstrategie der SPD zu tun. Bis zuletzt setzten die Sozialdemokraten nicht auf Inhalte, sondern allein auf die Beliebtheit von Hannelore Kraft. Dabei übersahen sie aber, dass die Popularitätswerte im Vergleich zu früheren Jahren so stark gesunken waren, dass sie für einen Wahlsieg nicht mehr reichten.

Die fulminante Rückkehr der Liberalen

Welche Koalition NRW in den kommenden Jahren regiert, wird sich in den nächsten Wochen entscheiden. Der FDP mit Christian Lindner an der Spitze ist eine furiose Rückkehr in den Landtag gelungen. Die Liberalen strotzen nach den Wahlergebnissen im Saarland, in Schleswig-Holstein und NRW vor Selbstbewusstsein und werden in schwarz-gelben Koalitionsgesprächen entsprechende Forderungen stellen. Ein solches Farbenspiel dürfte auch mit Blick auf die Bundestagswahl Lindners Fantasien anregen, zumal er seine eigene politische Zukunft ohnehin in Berlin sieht. Als weitere Option ist in Düsseldorf eine Große Koalition natürlich immer möglich. Falls es nicht dazu kommt, müsste die SPD in die Opposition. Vielleicht wäre das sogar die bessere Chance für einen Neuanfang.

Für die Parteien am Rand war gestern nicht viel zu holen, was der aktuellen Situation in NRW und im Bund geschuldet ist. Je größer die politischen Herausforderungen, je größer das Interesse an Politik, je höher die Wahlbeteiligung, desto schlechter schneiden Linke und AfD ab. Beide blieben hinter ihren Erwartungen zurück. Für Nordrhein-Westfalen ist das eine gute Nachricht.