Paris. . Die Korken der Champagnerflaschen knallten im Pariser Hauptquartier von Emmanuel Macron schon kurz bevor um 20 Uhr die ersten Hochrechnungen veröffentlicht wurden. Und es zeichnete sich bereits ab, was sich wenige Minuten später bestätigen sollte: Die Franzosen haben den linksliberalen Ex-Wirtschaftsminister, der mit seinem jugendlichen Charme an den früheren US-Präsidenten John F. Kennedy erinnert, mit deutlichem Vorsprung zum jüngsten Präsidenten der Fünften Republik gekürt.
Die Korken der Champagnerflaschen knallten im Pariser Hauptquartier von Emmanuel Macron schon kurz bevor um 20 Uhr die ersten Hochrechnungen veröffentlicht wurden. Und es zeichnete sich bereits ab, was sich wenige Minuten später bestätigen sollte: Die Franzosen haben den linksliberalen Ex-Wirtschaftsminister, der mit seinem jugendlichen Charme an den früheren US-Präsidenten John F. Kennedy erinnert, mit deutlichem Vorsprung zum jüngsten Präsidenten der Fünften Republik gekürt.
Auf dem Platz vor dem Louvre-Museum, wo sich mehrere Hundert Anhänger Macrons in Erwartung der hier von dessen Bewegung „En Marche!“ vorgesehenen Wahlparty versammelt hatten, brandet um Punkt 20 Uhr frenetischer Jubel auf. Die Mehrheit der Franzosen hat in einer der wichtigsten Richtungswahlen seit Jahrzehnten in Europa gegen die rechtsextreme Marine Le Pen gestimmt. Macron ist neuer Präsident Frankreichs, und Europa atmet auf.
Kurz nach 21 Uhr wendet sich Macron im Fernsehen an die Nation. „Das Land ist geschwächt – seit geraumer Zeit“, sagt er. Er wolle Ängste lindern, für mehr Arbeitsplätze und bessere Bildungschancen sorgen, das Land gegen den Terror verteidigen. „Ich werde alle Energie einsetzen, damit ich mich Ihres Vertrauens würdig erweise.“
Macron möchte Brücken bauen
Macron blickt ernst in die Kameras. Hier spricht nicht der strahlende Sieger, nicht der Triumphator gegen die rechtsextreme Konkurrentin Marine Le Pen. Es redet der Präsident, der sich des Ernstes der Lage bewusst ist. Trotz der Wunden, die der vermutlich härteste Wahlkampf in der Geschichte des Landes geschlagen hat, möchte Macron Brücken bauen. Er dankt auch seiner Gegnerin Le Pen.
Auf den Terrassen des beliebten Ausflugslokal „Chalet du Lac“ im Pariser Stadtwald Bois de Vincennes, das Marine Le Pen für den Wahlabend angemietet hat, herrscht tiefe Niedergeschlagenheit. Der Führungsstab des rechtsextremen Front National (FN) konnte die von den Umfragen vorweggenommen Niederlage zwar kaum überraschen, doch die Parteibasis hatte gehofft, dass ihre Chefin die Meinungsforscher am Ende Lügen strafen würde.
Le Pen reagierte rasch und gratulierte Macron zu seinem Sieg. Kurz darauf gab es die ersten Konsequenzen. Der FN will nach den Worten von Vizechef Florian Philippot seinen Namen ändern. Die Partei werde sich in eine neue politische Kraft verwandeln, um noch mehr Menschen zu erreichen.
Im 18. Arrondissement von Paris bildet sich um 15 Uhr auf der Place Jules Joffrin eine Schlange vor dem im Rathaus eingerichteten Wahlbüro. Geduldig aber mit verschlossenen Mienen warten die Bürger darauf, endlich an die Urne treten zu können.
„Mehr Stopp- als Go-Verkehr, und das am Sonntag“, witzelt ein junger Mann im Kapuzenpulli, doch niemand lacht. „Ich glaube, ich gehe wieder nach Hause, ich will ohnehin nur einen leeren Wahlzettel abgeben“, sagt eine ältere Dame. „Da wird sich Marine Le Pen aber freuen“, schnaubt der hinter ihr stehende Mittvierziger Frederico. „Wieso denn, ich gebe ihr meine Stimme ja nicht – trotz der vielen Einwanderer hier“, gibt die Frau zurück. Frederico schüttelt stumm den Kopf. Der Lkw-Fahrer ist Nachfahre italienischer Einwanderer, die als Kommunisten vor dem Mussolini-Regime geflohen sind, erzählt er. Schon deswegen will er für Macron votieren, aber „ohne jede Überzeugung“. Von dem „neoliberalen Ex-Banker“ hält er nichts, doch „dieses neofaschistische Flintenweib Le Pen darf auf keinen Fall auch nur in die Nähe des Élysée-Palasts kommen“. Im ersten Wahlgang hatte er für den Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon gestimmt.
Die große Frage war, ob die Wähler Mélenchons, der am 23. April mit knapp 20 Prozent auf den vierten Platz kam, für Macron stimmen würden. Anders als die sozialistischen und konservativen Bewerber hatte der Linkspopulist keine klare Empfehlung gegeben. Doch die Meinungsforscher gaben schon Anfang vergangener Woche Entwarnung. Mehr als die Hälfte von Mélenchons Anhängern beabsichtigten, wie Frederico mit spitzen Fingern einen Wahlzettel für Macron abzugeben.
In der am Platz Jules Joffrin gelegenen Brasserie „Café de la Place“, wo viele Anwohner vor oder nach dem Urnengang auf ein Gläschen vorbeischauten, herrschte den ganzen Tag Hochbetrieb. Wobei die Thekengespräche sich immer wieder um den Hackerangriff auf die Wahlkampfzentrale des Präsidentschaftsfavoriten drehten. Wie in der Nacht auf Sonnabend bekannt geworden war, hatten Unbekannte Zehntausende interne Dokumente und Mails von Macrons Bewegung „En Marche!“ ins Internet gestellt. Dabei waren wohl auch gefälschte Dokumente unter die echten gemischt worden.
„Unbekannte, dass ich nicht lache. Ich gehe jede Wette, dass das die Russen waren“, ruft ein Bistrobesucher. „Ja, und Hollande hat Konsequenzen angedroht“, stimmt ihm sein Nachbar zu. „Dafür müssten die erst mal rauskriegen, wer das wirklich war“, wirft der Barkeeper ein.
Tatsächlich ist die Informationslage spärlich. Die staatliche Kontrollinstanz zur Überwachung des Präsidentschaftswahlkampfs hatte die Medien davor gewarnt, Inhalte der gehackten Dokumente zu veröffentlichen und darauf hingewiesen, dass das Verbreiten falscher Nachrichten bestraft werde. Entsprechend zurückhaltend fiel die Berichterstattung aus. Die französische Regierung hatte wiederholt vor einer russischen Einmischung in den französischen Präsidentschaftswahlkampf gewarnt. Sie verdächtigte Moskau, die Wahl zugunsten der Rechtsextremistin Le Pen beeinflussen zu wollen.