Keine Frage: Saudi-Arabien ist für westeuropäische Verhältnisse ein schwer zu begreifendes muslimisches Land. Öffentliche Auspeitschungen von unliebsamen Kritikern, Todesstrafe oder eingeschränkte Frauenrechte fordern den Widerspruch geradezu heraus.
Keine Frage: Saudi-Arabien ist für westeuropäische Verhältnisse ein schwer zu begreifendes muslimisches Land. Öffentliche Auspeitschungen von unliebsamen Kritikern, Todesstrafe oder eingeschränkte Frauenrechte fordern den Widerspruch geradezu heraus.
Dennoch wäre es falsch, das Königreich in Bausch und Bogen zu verdammen. Schrille Rügen für die Scheichs mögen zwar zu Beifall auf der innenpolitischen Galerie führen. Aber sie sorgen auf der anderen Seite nur für Verhärtung. Mittel- und langfristig erfolgversprechender ist hingegen lautlose Diplomatie nach Art der Kanzlerin. Angela Merkel hat bei ihrem Staatsbesuch das Schicksal des inhaftierten Bloggers Raif Badawi ebenso angesprochen wie die verlustreiche Militärintervention der Saudis im Jemen. Aber eben nicht auf dem öffentlichen Marktplatz, sondern hinter verschlossenen Türen. Wer das Gebot der Gesichtswahrung verletzt, erreicht im Nahen Osten nichts.
Politisch-strategische Überlegungen kommen hinzu. Saudi-Arabien ist ein unverzichtbarer Akteur zur Entschärfung der Krisen in der Region. In der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus arbeiten saudische Geheimdienste seit Jahr und Tag mit ihren deutschen Partnern zusammen. Auch bei der Entwicklung der Wirtschaft weg von Öl und Gas können Unternehmen wie Siemens wertvolle Starthilfe leisten.
Saudi-Arabien mag eine bizarre Monarchie sein. Aber es gibt Fortschritte, wenn auch im Millimeterbereich. An den ersten Universitäten werden Männer und Frauen zusammen unterrichtet. Weibliche Firmenchefs müssen sich nicht mehr verstecken. Seit Monaten fördert der Staat Musik- und Theater-Events, wo früher nur die reine Koranlehre galt. Wer konstruktive Diplomatie betreiben will, sollte die Saudis auf diesem Reformweg unterstützen. Das bringt mehr als die Moralkeule.